Therapiemöglichkeiten der Hypertonie
Diese Lebensstiländerungen senken das kardiovaskuläre Gesamtrisiko nicht nur durch eine Reduktion des Bluthochdrucks, sondern auch über günstige Auswirkungen auf das Lipidprofil und den Blutzucker. Nicht-medikamentöse Maßnahmen bzw. Lebensstilinterventionen werden in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie (ESH) von 2018 für das Management der arteriellen Hypertonie für alle Hypertoniepatienten empfohlen. Der anzustrebende Blutdruck (BP)-Grenzwert sowie der Beginn einer Pharmakotherapie zusätzlich zu den Lebensstilveränderungen hängen vom Alter und individuellen kardiovaskulären Risiko des Patienten ab. Für die medikamentöse Therapie der Hypertonie werden in den aktuellen ESC/ESH-Leitlinien gleichberechtigt fünf Substanzklassen empfohlen: ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Calciumantagonisten, Beta-Blocker und Thiazide bzw. Thiazid-artige Diuretika. Welche medikamentöse Therapieform für Ihren Patienten mit Bluthochdruck geeignet ist, hängt von patientenindividuellen Kontraindikationen und spezifischen Indikationen ab.1-3
Erfahren Sie hier mehr zu den Möglichkeiten der nicht-medikamentösen Allgemeinmaßnahmen und den Wirkstoffklassen zur Behandlung von Bluthochdruck.
Lebensstiländerungen zur Behandlung des Bluthochdrucks¹, ²
Generell kann ein gesunder Lebensstil das Auftreten von Bluthochdruck verhindern oder zumindest verzögern. Bei hypertensiven Patienten kann eine gesunde Lebensweise die Wirkung der blutdrucksenkenden Pharmakotherapie verbessern. Folgende Lebensstilinterventionen werden in den aktuell gültigen ESC/ESH-Leitlinien zum Management der arteriellen Hypertonie mit höchstem Empfehlungsgrad aufgeführt:
- Weniger Salz: Hypertensive Patienten sollen ihren Kochsalzkonsum auf unter fünf Gramm pro Tag reduzieren.
- Weniger Alkohol: Männer mit Bluthochdruck sollen weniger als 14 Einheiten Alkohol pro Woche Trinken. Dabei entspricht eine Einheit Alkohol 125 Milliliter Wein oder 250 Milliliter Bier. Hypertensive Frauen sollen weniger als acht Einheiten Alkohol pro Woche konsumieren.
- Weniger rotes Fleisch: Patienten mit Bluthochdruck sollen weniger rotes Fleisch konsumieren, wohingegen der Anteil an Gemüse, frischem Obst, Fisch, Nüssen und ungesättigten Fettsäuren (z. B. Olivenöl) erhöht werden soll. Zudem werden Milchprodukte mit geringem Fettanteil empfohlen.
- Übergewicht vermeiden: Hypertensiven Patienten wird empfohlen, ihr Körpergewicht zu regulieren. Adipositas, d. h. ein Body-Mass-Index (BMI) > 30 kg/m2 bzw. ein Taillenumfang über 102 Zentimeter bei Männern und über 88 Zentimeter bei Frauen, soll vermieden werden. Es soll ein gesunder BMI von 20 - 25 kg/m2 und ein Taillenumfang unter 94 Zentimetern bei Männern und unter 80 Zentimetern bei Frauen angestrebt werden, um den Blutdruck und gleichzeitig das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu senken.
- Mehr körperliche Aktivität: Empfehlenswert für Patienten mit Bluthochdruck ist regelmäßige körperliche Aktivität im aeroben Bereich, beispielsweise mindestens 30 Minuten ein dynamisches Training von moderater Intensität an fünf bis sieben Tagen pro Woche.
- Rauchen aufgeben: Bluthochdruckpatienten sollen das Rauchen einstellen. Unterstützung dabei bieten zum Beispiel Raucherentwöhnungsprogramme.
Für alle genannten Lebensstilinterventionen ist ein antihypertensiver Effekt belegt.1,2
Was können Lebensstiländerungen bewirken?
Ziel der Lebensstiländerungen ist es, den Blutdruck des Patienten möglichst auf den Zielbereich abzusenken und andere kardiovaskuläre und renale Risikofaktoren günstig zu beeinflussen. Dies kann durch Gewichtsreduktion, körperliche Bewegung, Ernährungsumstellung, Nikotin- und Alkoholverzicht erfolgen.
- Vermehrtes Körperfett geht mit einem erhöhten Blutdruck einher und kann bereits im Jugendalter die Entstehung einer Hypertonie begünstigen. Somit spielt die Reduktion des Körpergewichts bzw. des Körperfettanteils nicht nur in der Therapie, sondern auch in der Prävention der Hypertonie für den Patienten eine wichtige Rolle. Vor allem in den westlichen Industrienationen stellt Übergewicht ein zunehmendes Problem dar. Das hat zur Folge, dass das Risiko für Hypertonie und metabolische Erkrankungen – besonders bei stammbetonter Adipositas mit intraabdominalen Fettdepots – sowie für Gelenkkrankheiten zunimmt. Zur Reduktion der täglichen Kalorienzufuhr sollten Patienten unter anderem die Empfehlung erhalten, kleinere Portionen zu essen und auf besonders kalorienhaltige Erfrischungsgetränke zu verzichten.1 Bereits eine Gewichtsreduktion von fünf Kilogramm zeigt einen positiven Einfluss auf den Blutdruck. Je abgenommenem Kilogramm Körpergewicht sinkt der arterielle Blutdruck bei Patienten mit Übergewicht um 1,5 mmHg.4 Darüber hinaus beeinflusst eine Gewichtsreduktion weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Insulinresistenz, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie und Linksherzhypertrophie.
- Aerobe körperliche Aktivitäten haben ebenfalls einen günstigen Einfluss auf den Blutdruck. Daher sollten Patienten mit Hypertonie ermutigt werden, sich sportlich zu betätigen.5 Gut für das Herz-Kreislauf-System ist vor allem Sport, der eine mäßige Ausdauerbelastung mit sich bringt. Dazu zählen z. B. Joggen, Nordic Walking, Wandern, Skilanglauf, Radfahren, Schwimmen oder auch Ballsportarten wie Tennis.6 Erfahrungsgemäß ist es für den Anfang allerdings in vielen Fällen sinnvoll, erst einmal mit sehr kurzen Trainingseinheiten zu beginnen und das Pensum dann langsam zu steigern. Dies ist insbesondere bei älteren Patienten ratsam, wenn schon seit Jahren kein Sport mehr betrieben wurde. Durch regelmäßige körperliche Aktivität kann der Patient seinen Bluthochdruck ohne Medikamente um fünf bis zehn mmHg senken.5
- Raten Sie Ihrem hypertensiven Patienten zu weniger Salzkonsum. Wird der Salzkonsum um einen Teelöffel pro Tag reduziert, kann der systolische Blutdruck (SBP) um etwa fünf mmHg und der diastolische Blutdruck (DBP) um drei mmHg gesenkt werden.5
- Reduzierter Alkoholkonsum kann eine Blutdrucksenkung um zwei bis vier mmHg bewirken.5
Wann ist eine medikamentöse Therapie notwendig?
Lebensstilinterventionen sind die Basis einer jeden Hypertoniebehandlung – auch für Patienten mit hochnormalen Blutdruckwerten. Für eine optimale Kontrolle des Blutdrucks benötigt ein Großteil der hypertensiven Patienten begleitend zu Lebensstilmodifikationen eine Pharmakotherapie.
Wann eine Pharmakotherapie eingeleitet wird, ist abhängig vom Alter und kardiovaskulären Risiko des Patienten.1,2
Es werden Medikamente aus fünf Substanzklassen für die Routinebehandlung von Bluthochdruck empfohlen: ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Calciumantagonisten, Betablocker und Diuretika (Thiazide und Thiazid-artige Diuretika). Diese Therapeutika werden in den ESC/ESH-Leitlinien von 2018 zum Management der arteriellen Hypertonie empfohlen, da für sie sowohl der antihypertensive Effekt als auch die Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse in placebokontrollierten Studien gezeigt werden konnte. Darüber hinaus besteht zwischen den fünf Hauptsubstanzklassen breite Äquivalenz hinsichtlich der Senkung der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität. Allerdings bestehen für jede Substanzklasse absolute oder relative Kontraindikationen, die gegen ihre Anwendung in der antihypertensiven Therapie sprechen. Die Auswahl des Medikamentes für den jeweiligen Hypertoniepatienten erfolgt individuell nach entsprechenden Kontraindikationen, spezifischen Indikationen und Komorbiditäten.1,2
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Therapie der Hypertonie in Kürze
Zu hohe Blutdruckwerte gehören zu den wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie beispielsweise Angina pectoris oder koronare Herzkrankheit. Der anzustrebende Blutdruckzielbereich variiert mit dem Alter und dem kardiovaskulären Risiko des Patienten. In der Behandlung der Hypertonie nehmen Änderungen des Lebensstils einen zentralen Stellenwert ein. Erhöhte Blutdruckwerte können durch eine kalorienbewusste, zucker- und fettreduzierte Ernährung, gesteigerte körperlicher Aktivität, Rauchstopp und Reduktion des Alkoholkonsums gesenkt werden. Werden mit nicht-medikamentösen Maßnahmen die Blutdruckzielwerte nicht erreicht, sind Antihypertensiva indiziert. Dabei stehen Medikamente aus den Substanzklassen der ACE-Hemmer, AT₁-Antagonisten, Calciumantagonisten, Betablocker und Diuretika als Therapieoptionen zur Verfügung. Die Wahl der medikamentösen Therapieform ist dabei abhängig von patientenindividuellen Kontraindikationen und spezifischen Indikationen.
Weitere Themen
Abkürzungen
ACE | Angiotensin Converting Enzyme |
AT1 | Angiotensin-II-Rezeptor Subtyp 1 |
BP | Blutdruck |
BMI | Body-Mass-Index |
CKD | chronische Nierenerkrankung |
DBP | diastolischer Blutdruck |
ESC | European Society of Cardiology |
ESH | European Society of Hypertension |
RAAS | Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems |
SBP | systolischer Blutdruck |
Quellen
- Williams, B. et al.: 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. European Heart Journal 2018; 39: 3021‑3104.
- DGK und DHL. ESC Pocket Guidelines 2018. Leitlinien für das Management der arteriellen Hypertonie. https://www.hochdruckliga.de
- Mahfoud, F. et al.: Kommentar zu den Leitlinien (2018) der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und der Europäschen Gesellschaft für Hypertonie (ESH) für das Management der arteriellen Hypertonie. Kardiologe 2019; 13: 17‑23.
- Bluthochdruck: Pro Kilo Gewichtsreduktion sinkt Blutdruck um 1,5 mmHg. ÄrzteZeitung. 24.11.2009 http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/bluthochdr..., zuletzt aufgerufen in 12/2020.
- Deutsche Herzstiftung. Bluthochdruck senken: Welche Blutdrucksenker gibt es? https://www.herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/gesund-bleiben/bluthochd..., zuletzt aufgerufen in 12/2020.
- Bluthochdruck: Schwimmen schützt vor Bluthochdruck. ÄrzteZeitung. 02.02.2012. http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/bluthochdr..., zuletzt aufgerufen in 12/2020.