Adipositas und arterielle Hypertonie

Hormonersatztherapie bei Adipositas und arterieller Hypertonie

Eine Kasuistik von Prof. Dr. med. Sabine Segerer

Anamnese

  • 49 jährige Patientin
  • Symptomatik:

        - Seit 2 Jahren Hitzewallungen und Schlafstörungen

        - Verschlechterung der Leistungsfähigkeit und Konzentration

        - Gelegentlich depressive Verstimmungen

        - Amenorrhoe seit 15 Monaten

  • Therapieversuch mit Traubensilberkerze erzielte keine Besserung
  • Letzte unauffällige Vorsorgeuntersuchung
  • Vor 2 Jahren unauffällige Basismammographie
  • Arterielle Hypertonie: Blutdruck mit ACE-Hemmer gut eingestellt (RR 130/80 mmHg)
  • BMI = 30 kg/m2
  • Keine Thrombose oder Embolie in Eigen- und Familienanamnese

Prof. Dr. med. Sabine Segerer

Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe bei amedes experts in Hamburg mit Schwerpunkt Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Welche Therapie würden Sie der Patientin empfehlen? / Therapieempfehlung

Aufgrund der Risikofaktoren Adipositas und arterielle Hypertonie wird der Patientin die Anwendung eines transdermalen Östrogens (z.B. beginnend ein Hub Östrogen-Gel/Spray/Pflaster mit 25 µg) empfohlen. Zur Sicherung der Transformation des Endometriums erhält sie ein kontinuierliches Progesteron (z.B. 100 mg mikronisiertes Progesteron zur Nacht)*. Hiervon wird auch eine Besserung der Schlafstörungen erwartet.

Verlauf

Nach 4 Wochen berichtet die Patientin über eine Besserung der Schlafstörungen, jedoch von einer Zunahme der Hitzewallungen. Aufgrund dessen nahm die Patientin eigenhändig eine Dosissteigerung vor.

Weitere Diagnostik mit Bestimmung der Hormonwerte und TSH

Zur Überprüfung der Hormonwerte hinsichtlich Unter- und Überdosierung sowie auch zur Kontrolle des basalen TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon) zum Ausschluss einer gleichzeitig bestehenden Schilddrüsendysfunktion als Ursache der persistierenden Beschwerden wird die Patientin einbestellt.

Ergebnis der Untersuchung und weitere Therapieempfehlung

Die Untersuchung ergibt folgendes Labor:

Hormon Messwert
Östradiol 650 pg/ml
FSH 2,1 mIU/ml
TSH 2,5 µIU/ml

Eine Schilddrüsendysfunktion als Ursache der Beschwerdesymptomatik kann ausgeschlossen werden. Auffallend ist jedoch der hohe Östradiolwert, so dass eine Überdosierung als Ursache der Beschwerdepersistenz in Frage kommt. Eine Reduktion der Östrogendosis wird der Patientin empfohlen. Unter Anwendung der reduzierten Östrogendosis fühlt sich die Patientin im Verlauf wohl. Die Kontrolle der Blutdruckwerte unter der HRT ergibt einen RR von 128/85 mmHg; im 24 h RR-Profil beim Hausarzt zeigt sich im weiteren Verlauf sogar eine signifikante Senkung der systolischen RR-Werte.

* Die internationale Menopause Gesellschaft (IMS) geht von einem ausreichenden Endometriumschutz mit 100 mg/Tag mikronisiertem Progesteron bei niedriger Östrogendosierung aus (< 2 mg oder 50 µg/Tag). Es wird aber darauf hingewiesen, dass bei einer höheren Östrogen-Dosierung oder bei Patientinnen mit höherem BMI eine höhere Progesteron-Dosierung zum Endometriumschutz erforderlich sein könnte.1

  1. Baber R, Panay et al., 2016, Climacteric. 2016 Apr;19(2):109-50. doi: 10.3109/13697137.2015.1129166.