Peritonealendometriose

Primäre Hormontherapie bei Peritonealendometriose

Eine Kasuistik von Prof. Dr. Thomas Römer

Anamnese

  • 21 Jahre, keine Voroperationen; rezidivierende Dysmenorrhoen, Dyschezien, gelegentliche Dysurien (Deutung vom Hausarzt als Blasenentzündung), stellungsabhängige Dyspareunien
  • Die Dysmenorrhoe, die analgetikapflichtig ist, besteht an 3 Tagen pro Monat mit einem Schmerz-Score von VAS** 10.
  • Bis vor 3 Jahren Anwendung eines KOK* mit daraus resultierender Reduktion der Unterbauchbeschwerden. Aufgrund vermehrter Kopfschmerzsymptomatik wurde die Therapie beendet.
  • Regelmäßiger Menstruationszyklus (28 bis 31 Tage) ohne Hypermenorrhoe

 

*KOK = Kombinierte orale Kontrazeptiva

**Visuelle Analogskala

Prof. Dr. med. Thomas Römer

Chefarzt der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Evang. Klinikum Köln-Weyertal GmbH

Diagnostik

Bei der gynäkologischen Untersuchung fällt ein gering druckdolentes Blasendach auf. Der Douglas ist deutlich dolent und das Ligamentum sacrouterinum links ist straff und druckdolent. Hier berichtet die Patientin, dass dies auch der Punkt ist, der beim Geschlechtsverkehr schmerzt. Gelegentlich treten auch Rückenschmerzen auf. Die  Vaginalsonographie zeigt einen anteflektierten, normalgroßen Uterus ohne Adenomyosiszeichen. Die Adnexen sind unauffällig. Es bestehen auch kein „Sliding sign“ und keine Myome.

Verdacht auf Peritonealendometriose

Es besteht somit aufgrund der Klinik (analgetikapflichtige Dysmenorrhoe und Dyspareunie) sowie der Anamnese (Besserung der Symptomatik unter der Anwendung von kombinierten oralen Kontrazeptiva) und des gynäkologischen Tastbefundes der dringende Verdacht auf eine Peritonealendometriose. Die Patientin wird über die Erkrankung der Endometriose aufgeklärt.

Therapieempfehlungen

  • Aufgrund der klinischen Diagnose „Endometriose“ Anwendung von Dienogest als kontinuierliche Therapie bis zu Kinderwunsch. Dann kann ggf. eine Laparoskopie erfolgen.
  • Alternativ kann eine primäre Laparoskopie mit anschließender adjuvanten Gestagentherapie erfolgen.

Die Patientin entscheidet sich zunächst für die primäre medikamentöse Therapie. Sie wird über die kontinuierliche Anwendung des Medikaments und die Wirkung möglicher zu erwartender Nebenwirkungen, wie z. B. initiale Blutungsstörungen aufgeklärt.

Therapieverlauf

  • Therapiebeginn: Dienogest unmittelbar nach der nächsten Regelblutung
  • In den ersten 6 Wochen: gelegentliche Zwischenblutungen an 15 von 90 Tagen
  • Nach 1 Monat: deutliche Schmerzreduktion (VAS** 4–5)
  • Nach 3 Monaten: die Patientin ist fast schmerzfrei (VAS** 1–2) und komplett blutungsfrei mit deutlicher Reduktion der Dyspareunie und Dyschezie, so dass die Therapie fortgesetzt wird.
  • Nach 18 Monaten: aufgrund zwischenzeitlicher Spottings stellt sich die Patientin erneut vor. Sie ist jedoch weiterhin schmerzfrei. Die Vaginalsonographie ergibt eine doppelte Endometriumdicke von 2,5 mm. Der Patientin wird empfohlen, eine Woche zu pausieren und dann mit Dienogest erneut zu beginnen. Dadurch kommt es zu einem Stopp der Blutungen. Die Patientin wird jetzt die Dienogest-Therapie bis zu einer gewünschten Schwangerschaft fortsetzen. Dann kann gegebenfalls auch zur Kinderwunschdiagnostik eine Laparoskopie erfolgen.

 

**Visuelle Analogskala

Schlussfolgerungen

  • Eine Endometriose kann aufgrund der Anamnese, klinischen Untersuchung, der Klinik und der gynäkologischen Untersuchung relativ sicher diagnostiziert werden.
  • Eine primäre, medikamentöse Therapie mit Dienogest stellt eine gute Alternative zur primären Laparoskopie dar, bei sicherer klinischer Diagnose.
  • Dienogest ist nicht nur effektiv zur Behandlung der Dysmenorrhoe, sondern auch zur Behandlung der anderen Symptome, wie Dyspareunie und Dyschezie.1–3 Die Patientin sollte über initiale Blutungsstörungen aufgeklärt werden. Blutungsstörungen unter der Therapie lassen sich meist gut behandeln und sind kein Indiz für ein Endometrioserezidiv.
  1. Momoeda et al. J. Obstet. Gynaecol. 2009;35(6):1069–76.
  2. Nq et al. Horm Mol Biol Clin Investig. 2017;33(3).
  3. Maiorana et al. Arch Gynecol Obstet. 2017;296(3):429–433.