Rectovaginale Endometriose

Eine Kasuistik von Prof. Dr. Thomas Römer

Anamnese

  • 28 Jahre; Vorbericht einer Laparoskopie vor 5 Jahren: Histologisch bestätigt Endometriose rASRM*** Grad 1 (Peritonealendometriose) mit Koagulation der Herde bei der Laparoskopie. Postoperativ zyklische Einnahme eines KOK* mit EE* und LNG* über einen Zeitraum von 2 Jahren.
  • Anwendung der KOK* im Langzyklus (84/7 Tage) aufgrund erneuter Zunahme der Beschwerden
  • Nach 2 Jahren erneute Zunahme der Dysmenorrhoe und erhebliche Dyspareunien (Kohabitationen nicht mehr möglich)
  • Vorstellung in einem Endometriosezentrum: Schmerz-Score von VAS** 8 über 5 Tage und zunehmende Dyschezien

 

*KOK = Kombinierte orale Kontrazeptiva; EE = Ethinylestradiol; LNG = Levonorgestrel

**Visuelle Analogskala

***Revised Classification der American Society for Reproductive Medicine

Prof. Dr. med. Thomas Römer

Chefarzt der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Evang. Klinikum Köln-Weyertal GmbH

Diagnostik

Bei der gynäkologischen Untersuchung findet sich ein schmerzhafter Knoten im rectovaginalen Septum. Dieser ist auch bei der Spiegeleinstellung und in der Vaginalsonographie als 1,6 cm großer rectovaginaler Knoten sichtbar. Die Patientin wünscht zunächst keine weitere Darmdiagnostik, da auch potentieller Kinderwunsch besteht. Es wird mit ihr die Hysteroskopie, Laparoskopie mit Chromopertubation besprochen.

Therapieverlauf

Bei der ersten Laparoskopie findet sich eine ausgedehnte Peritonealendometriose im Bereich des Blasendachs, des Douglas und der Fossa ovarica links. Diese wird reseziert. Des Weiteren findet sich ein rectovaginaler Knoten mit einem daran fixierten Rektum. Die Chromopertubation ist beidseits positiv. Zur weiteren Diagnostik wird eine transrektale Endosonographie durchgeführt, die keine Infiltration des Darmes ergibt. Die Entfernung des rectovaginalen Knotens in einer ausgedehnteren Operation wird der Patientin vorgeschlagen, die zunächst noch etwas Bedenkzeit benötigt.

Es wird mit der Patientin zunächst aufgrund der Schmerzen eine präoperative Therapie mit Dienogest durchgeführt.

Nach 3 Monaten wurde eine Schmerzreduktion auf VAS** 5–6 unter der Dienogest-Therapie erreicht. Die Patientin entscheidet sich für eine weitere Operation. Es wird dann eine Laparoskopie mit hinterer Kolpotomie durchgeführt und eine komplette Exzision des rectovaginalen Knotens, ohne dass eine Darmresektion notwendig wird. Es treten keine intra- und postoperativen Komplikationen auf. Die Patientin setzt die Dienogest-Therapie postoperativ über 2 Jahre fort und ist hierunter beschwerdefrei. Sonographische und klinische Kontrollen ergeben keine Anhaltspunkte für ein Endometrioserezidiv.

 

**Visuelle Analogskala

Schlussfolgerungen

  • Rectovaginale Endometriosen werden klinisch oft übersehen. Die klinischen Leitsymptome sind hier die Dyspareunie und Dyschezie.
  • Durch die Therapie mit einem kombinierten oralen Kontrazeptivum kommt es zu einer Unterdrückung der Symptome. Allerdings besteht die Gefahr eines Progresses der Erkrankung und eines später erhöhten Risikos zur Entwicklung von tiefinfiltrierenden Endometriosen.1
  • Die Therapie von tiefinfiltrierenden Endometriosen sollte nach einer entsprechenden Vordiagnostik an spezialisierten Zentren erfolgen, in denen auch interdisziplinär gearbeitet wird.
  • Bis zur Planung einer ausgedehnten Operation kann die Patientin mit Dienogest zur Schmerzreduktion behandelt werden. Nach ausgedehnten Operationen tiefinfiltrierender Endometriosen ist eine adjuvante Hormontherapie mit Dienogest erfolgsversprechend.2
  1. Chapron et al. Hum Reprod 2011;26:2028–35.
  2. Chandra et al.Obstetrics & Gynecology Science 2018;61(1):111–117. Studie bezieht sich auf Endometriome.