Menstruelle Migräne mit Aura

Kontrazeption bei menstrueller Migräne mit Aura

Eine Kasuistik von Dr. med. Claudia Wöhler

Anamnese

Eine 32-jährige Patientin mit menstrueller Migräne mit Aura (BMI 26 kg/m2, keine Kinder (Nullipara)) stellt sich mit dem Wunsch nach einer sicheren Kontrazeption in der Praxis vor. Eine Schwangerschaft ist in einem Jahr geplant.

Hintergrundwissen menstruelle Migräne

Ca. 60 % aller Migränepatientinnen leiden unter menstrueller Migräne.1 Bei der menstruellen Migräne treten Attacken in mindestens zwei von drei Perioden bis zu zwei Tage vor und bis zu drei Tage nach der Menstruation auf.2 Ausgelöst wird die menstruelle Migräne durch den prämenstruell fallenden Östrogenspiegel. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eine Migräne ohne Aura.

Hintergrundwissen Migräne mit Aura

Eine Aura manifestiert sich meist mit visuellen Symptomen (Flimmerskotome, Gesichtsfeldausfälle), seltener mit sensiblen Symptomen (Kribbeln, Taubheitsgefühle) oder Sprachstörungen. Die Migräne mit Aura ist zudem mit einem erhöhten Risiko (OR 2,7; 95 % KI 1,9–3,7) für einen zerebralen Insult assoziiert. Durch die Einnahme kombinierter hormoneller Kontrazeptiva wird dieses Risiko weiter erhöht (OR 6,1; 95 % KI 3,1–12,1).3

Dr. med. Claudia Wöhler

Niedergelassene Gynäkologin in München und Autorin des Buches „Kontrazeption pocket“

Hintergrundwissen „Hormonelle Kontrazeption bei Migräne mit Aura“

Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva sind bei Migräne mit Aura aufgrund der Erhöhung des Schlaganfallrisikos kontraindiziert.4,5 Unter Gestagenmonopräparaten erhöht sich das Insultrisiko dagegen nicht.6

Laut WHO-Empfehlungen überwiegen bei Gestagenmonopräparaten, wie z. B. einem östrogenfreien Ovulationshemmer, die Vorteile, ohne eine Verschlechterung der Migräneattacken.4 In der 2016 veröffentlichten U.S. MEC (The United States Medical Eligibility Criteria for Contraceptive Use) werden Gestagenmonopräparate bei Migräne mit Aura ohne Einschränkung empfohlen.5

Darüber hinaus nehmen unter einem östrogenfreien Ovulationshemmer die Migränehäufigkeit, -dauer, -intensität und ihre begleitenden Symptome, wie Übelkeit und Photophobie signifikant ab.6

Wahl der Kontrazeptionsmethode

Die Einstellung der Patientin auf einem östrogenfreien Ovulationshemmer führte zu einer deutlichen Besserung der menstruellen Migräne. Gleichzeitig bietet ihr die Kontrazeption mit dem östrogenfreien Ovulationshemmer einen sicheren und flexiblen Verhütungsschutz, auch im Hinblick auf den in einem Jahr bestehenden Kinderwunsch.

Literatur

  1. Samantha Warhurst, et al. Effectiveness of the progestin-only pill for migraine treatment in women: A systematic review and meta-analysis. Cephalalgia, 2017; 38(4): 754–764.
  2. S1-Leitlinie "Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne", 2018 (verlängert am 3.11.2020); https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-057l_S1_Migraene-Therap... Zugriff: 16.02.2022
  3. Champaloux Steven W et al. Use of combined hormonal contraceptives among women with migraines and risk of ischemic stroke. Am J Obstet Gynecol 2017;216(5):489.e1– 489.e7.
  4. Medical Eligibility Criteria for Contraceptive Use 2015. 5th Edition. Geneva: World Health Organization.
  5. Curtis KM, et al. U.S. MEC, MMWR Recomm Rep 2016;65(3):1–104.
  6. Merki-Feld Gabriele S, et al. Improvement of migraine with change from combined hormonal contraceptives to progestin-only contraception with desogestrel: How strong is the effect of taking women off combined contraceptives? J Obstet Gynaecol 2017;37(3):338–341.