Indikation

Ein Team steigert die Treue

In der Bluthochdrucktherapie kann ein kooperativer Dialog zu guten Ergebnissen führen. Wie Arzt und Patient als gemeinsames Team die Treue in der Therapie optimieren können, lesen Sie hier.

Artisten am Trapez

Untersuchung, Diagnose, Rezept und wieder raus aus der Praxis. Viele Patienten erwarten heute mehr von ihrem Arztbesuch. Sie sehen sich selbst als Akteur und wollen umfassender informiert und an den Entscheidungen beteiligt werden.1 Was sich diese Patienten wünschen, wird als partizipative Entscheidungsfindung (PEF) oder auch Shared Decision Making (SDM) bezeichnet. Warum kann das Kommunikationsprinzip so entscheidend zum Erfolg der Therapie und vor allem zur Therapietreue des Patienten beitragen?

Gesagt ist noch nicht getan!

Die Gründe für fehlende Therapietreue sind vielfältig. Bei Hypertonie-Patienten ist es besonders tückisch, dass diese ihren erhöhten Blutdruck meist nicht durch spezifische Symptome wahrnehmen. Dadurch fehlt das Empfinden, sich krank zu fühlen, und infolgedessen die Einsicht für die nötige Behandlung. Das Resultat: fehlende Therapietreue. Genauso oft werden eine schlechte Beziehung zum Arzt und dessen ungünstiges Kommunikationsverhalten als Grund für mangelnde oder gar fehlende Therapietreue genannt.2 Die große Schwierigkeit besteht darin, genau diese Unzufriedenheit zu erkennen. Der Patient sagt, dass er alles verstanden habe und sich an die Verordnung halte. Das Gesagte wird jedoch nicht in die Tat umgesetzt.

Vom Monolog zum Dialog

Studien zeigen, dass Patienten besser eingestellt und zufriedener sind, wenn die Therapiemaßnahmen in einem einvernehmlichen Dialog besprochen wurden.3 Das Konzept der partizipativen Entscheidungsfindung ist ein wesentliches Element der Patientenorientierung und trägt im Idealfall dazu bei, dass das Bedürfnis des Patienten nach Integration erfüllt wird. Durch die Systematik der PEF wird sichergestellt, dass zum einen der Arzt alle Aspekte und Möglichkeiten anspricht, die für eine von beiden Seiten getragene medizinische Entscheidung relevant sind. Zum anderen wird durch die PEF aus einem ärztlichen Monolog ein kooperativer Dialog zwischen Arzt und Patient, in dem auch vom Patienten genannte Faktoren eine entscheidende Rolle spielen.4

Blutdrucksenkung als Teamleistung

Bei konventionellen Entscheidungsmodellen wie dem paternalistischen Modell oder dem Informationsmodell entscheidet entweder nur der Arzt oder nur der Patient allein aufgrund medizinischer Fakten. Bei der partizipativen Entscheidungsfindung werden auch persönliche Informationen des Patienten mit in die Entscheidung einbezogen. Im Vergleich zur konventionellen Entscheidungsfindung bringt die partizipative Entscheidungsfindung jedoch noch weiteren Mehrwert für Arzt und Patient: Das Wissen der Patienten über die Krankheit steigt an, die Erwartungen über den Verlauf der Behandlung werden realistischer und die Patienten können die Risiken der Erkrankung besser einschätzen. Besonders hervorzuheben ist die Verbesserung der Arzt-Patienten-Beziehung und die Abnahme der Unentschlossenheit der Patienten gegenüber möglichen Behandlungen.4 Diese positiven Effekte in Kombination mit der direkten Wahrnehmung der aktiveren Beteiligung kann bei vielen Patienten dazu führen, dass die Adhärenz ansteigt. Die verbesserte Einstellung der Patienten und ihre höhere Zufriedenheit schaffen letztlich auch eine bessere Blutdrucksenkung. Diese ist eben keine Einzelleistung, sondern ein Teamerfolg von Arzt und Patient.

Herausforderung Zeit

Dauern patientenzentrierte Gespräche länger? [5]

Das Gespräch im Behandlungszimmer dauert ca. 7 Minuten. Die einzelnen Gesprächstypen unterscheiden sich durch folgende Merkmale:

Patientenzentrierte Gespräche

  • Werden Patienten nicht unterbrochen, dauert ihr erster Satz ca. 60–150 Sekunden.
  • Sie dauern in der Regel eine Minute länger als arztzentrierte Gespräche.
  • Sie erhöhen die Zufriedenheit und die Adhärenz der Patienten.     

Arztzentrierte Gespräche

  • 75 % aller Patienten werden bereits im ersten Satz unterbrochen.
  • Generell unterbrechen Ärzte nach ca. 20 Sekunden den Redefluss der Patienten.
  • In der Abschlussphase sprechen Patienten häufig noch neue Probleme an.

Entscheidungsmodelle in der ärztlichen Versorgung [6]

Entscheidungsmodelle

  1. Coulter, A., Magee, H., The European Patient of the Future - State of Health. Maidenhead, Philadelphia: Open University Press; 2003.
  2. nach Osterberg L., Blaschke T., Adherence to Medication. NEJM 2005: 353: 487-97 und Ho PM et al., Medication Adherence - Its Importance in Cardiovascular Outcomes. Circulation 2009; 119: 3028-35.
  3. Deinzer A. et al., Shared Decision - Making with hypertensive Patients. Results of an Implementation in Germany. Dtsch Med Wochenschr. 2006; 131 (46): 2592-6.
  4. Loh A. et al., Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen: Effekte der Partizipativen Entscheidungsfindung aus systematischen Reviews. Dtsch Arztebl 2007; 104 (21): A 1483-8.
  5. Bahrs O., Mein Hausarzt hat Zeit für mich - Wunsch und Wirklichkeit. GGW 1/2003: 17-23.
  6. Bieber C. et al. (Hrsg.) Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen – Manual zur Partizipativen Entscheidungsfindung (Shared Decision-making). 2007.