Opioide – Welche Neben- und Wechselwirkungen sind möglich?

Opioide sind in der Behandlung starker Schmerzen unverzichtbar. Doch jedes Medikament mit einer Wirkung besitzt auch Nebenwirkungen – dieser Grundsatz gilt ebenso für diese effektiven Schmerzmittel. Treten unerwünschte Begleiterscheinungen unter der Opioid-Therapie auf, können diese jedoch durch bestimmte Maßnahmen bzw. Medikamente oft gut beherrscht werden.

Wie wirken Opioide im menschlichen Körper?

Verstopfung durch Opioide

Verstopfung ist eine der häufigsten Nebenwirkungen in der Schmerztherapie mit Opioiden.

Opioide sind starke Schmerzmittel, die ihre schmerzlindernde Wirkung über spezielle Opioid-Bindungsstellen im Gehirn entfalten. Solche Bindungsstellen kommen aber nicht nur im Gehirn, sondern auch in vielen anderen Bereichen des Körpers vor, wie z. B. im Magen-Darm-Trakt oder in den Harnwegen. Damit lassen sich einige typische Nebenwirkungen dieser Medikamenten-Gruppe erklären.

Besetzen Opioide z.B. die Bindungsstellen in den Harnwegen, so kann dies zu einer erschwerten Entleerung der Blase führen. Die Besetzung der Opioid-Bindungsstellen im Darm wiederum kann eine Verstopfung hervorrufen.1

Typische unerwünschte Wirkungen¹

Zu den typischen unerwünschten Wirkungen von Opioiden zählen insbesondere:

  • Verstopfung
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Benommenheit mit verstärkter Schläfrigkeit
  • Schwindel
  • Juckreiz
  • Mundtrockenheit
  • Kopfschmerzen

Die meisten dieser unerwünschten Wirkungen von Opioiden treten nur vorübergehend in den ersten Tagen auf. Anders ist dies bei der Verstopfung. Sie kommt am häufigsten vor und hält während einer Opioid-Therapie regelmäßig dauerhaft an.

Bei Bedarf können diese unerwünschten Wirkungen mit Hilfe geeigneter Begleitmedikamente aber oft gut therapiert werden. So wirken z.B. sogenannte PAMORAs gezielt an den Opioid-Bindungsstellen im Darm und geben Ihrem Darm seine Beweglichkeit zurück, sodass der Stuhl entleert werden kann.

Sprechen Sie hierzu bitte Ihre behandelnde Ärztin oder Ihren behandelnden Arzt an.

 

Opioid-Verstopfung muss nicht sein

Die häufigste Nebenwirkung bei der langfristigen Einnahme von starken Schmerzmitteln ist die Opioid-Verstopfung. Grund hierfür ist, dass Opioide die Bewegungsfähigkeit des Darmes hemmen. Dadurch verweilt der Speisebrei und im Anschluss der Stuhl länger im Magen-Darm-Trakt. Schließlich wird dem Stuhl dabei vermehrt Flüssigkeit entzogen. Die Folge ist ein trockener, harter Stuhl, der nur schwer entleert werden kann.1
Trotz hohem Leidensdruck scheuen sich viele Betroffene, offen über Opioid-Verstopfung zu reden. Sprechen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt direkt darauf an.

 

Opioid-Verstopfung muss nicht sein

Typische Beschwerden sind seltener, meist harter Stuhlgang sowie die Notwendigkeit, stark zu pressen. Auch Völlegefühl, Bauchschmerzen und Blähungen sind typische Anzeichen für eine Opioid-Verstopfung. Maßnahmen wie ausreichendes Trinken, Bewegung und ballaststoffreiche Lebensmittel sind wichtig, um den Darm zu unterstützen. Sie reichen jedoch oft nicht aus. In diesem Fall kann die Einnahme klassischer Abführmittel eine Option sein. Wenn diese nicht helfen, können PAMORA eingesetzt werden. Sogenannte PAMORA sind Wirkstoffe, die gezielt genau jene Bindungsstellen im Darm besetzen, über welche die Opioide ihre verstopfende Wirkung entfalten. Auf diese Weise werden die Opioide an ihrer unerwünschten Wirkung im Darm gehindert. Somit setzen PAMORA direkt an der Ursache der Opioid-Verstopfung an.3,4

Hilfe bei Opioid-Verstopfung

Kurz und knapp erklären wir Ihnen, warum es durch die Einnahme von starken Schmerzmitteln (Opioiden) bei vielen Patienten zu einer Verstopfung kommen kann und wie Sie mit Hilfe Ihres Arztes diesen Leidensdruck durchbrechen können.

 

Auf mögliche Atemdepression achten

Hierunter wird in der Medizin eine verminderte oder abgeflachte Atmung verstanden: Patienten atmen nur noch zehnmal pro Minute oder weniger, wodurch zu wenig lebenswichtiger Sauerstoff ins Blut gelangt. Die Betroffenen leiden zudem unter Kurzatmigkeit, Luftnot und unter Erstickungssymptomen sowie Panikattacken. Weitere Beschwerden können Schlafprobleme, Müdigkeit und Ängste sein. Grund für die verminderte Atmung ist, dass auch in dem Bereich im Gehirn, welcher die Atmung kontrolliert, Opioid-Bindungsstellen vorhanden sind. Generell wird die Gefahr einer verminderten Atmung aber gering gehalten, wenn die Behandlung mit einem Opioid zunächst mit einer niedrigen Wirkstärke erfolgt und die Dosis danach langsam und schrittweise angepasst wird.5

Häufigste unerwünschte Wirkungen von Opioiden⁶

Unerwünschte Wirkung Häufigkeit
Verstopfung 41 %
Übelkeit 32 %
Benommenheit mit Schläfrigkeit 29 %
Schwindel 20 %
Juckreiz 15 %
Erbrechen 15 %
Mundtrockenheit 13 %
Kopfschmerzen 8 %

Die Opioid-Verstopfung ist die häufigste Nebenwirkung bei Patienten mit chronischen, nicht krebsbedingten Schmerzen.

Wechselwirkung – wenn Medikamente sich gegenseitig beeinflussen

Arzt-Patientengespräch zu Verstopfung

Opioidhaltige Arzneimittel werden häufig in der Schmerztherapie älterer Patienten eingesetzt. Mit zunehmendem Alter steigt meist auch die Anzahl der einzunehmenden Medikamente. Doch die gleichzeitige Einnahme verschiedener Medikamente kann zu Wechselwirkungen untereinander führen. Denn jedes Medikament – egal ob Opioid oder nicht – beeinflusst nicht nur bestimmte Vorgänge im Körper, sondern kann auch die Wirkung anderer Stoffe verändern.

Beispielsweise verstärken Wirkstoffe, die ähnlich den Opioiden im Gehirn beruhigend bzw. dämpfend wirken, bei zeitgleicher Einnahme die Wirkung der opioidhaltigen Schmerzmittel und erhöhen gleichzeitig die möglichen Nebenwirkungen. Das gleiche gilt auch für den Genuss von Alkohol zusammen mit der Einnahme von Opioiden. In der Folge kann die Reaktionsfähigkeit und damit eventuell auch die Fahrtauglichkeit vorübergehend eingeschränkt sein. Eine bei Schmerzpatienten sehr seltene, aber bei Auftreten gefährliche Folge dieser Wechselwirkung ist die Atemdepression. Aus diesem Grund achtet der behandelnde Arzt besonders am Anfang auf die langsame Einstellung der Opioid-Dosis und setzt gerade zu Therapiebeginn regelmäßige Kontrolltermine in kurzen Abständen an, um gefährliche Wechselwirkungen zu erkennen und rechtzeitig behandeln zu können.

Viele verschiedene Arzneimittel, darunter auch die meisten Opioide, werden von einer Gruppe spezieller körpereigener Katalysatoren, sogenannter Enzyme, in der Leber abgebaut. Diese spezielle Enzym-Gruppe wird als „Cytochrom-P450“ bezeichnet. Behindern nun andere Medikamente oder auch Lebensmittel wie Grapefruitsaft dieses Abbau-System, erhöht sich folglich die Menge an Opioid im Blut – ähnlich als ob zu viel des Schmerzmittels eingenommen worden wäre. Dadurch steigt auch das Risiko für Nebenwirkungen.7,8

Aber es gibt auch Mittel, welche dieses Enzym-System in der Leber stimulieren können, wie z. B. Johanniskraut. Werden solche Mittel zusammen mit den Opioiden eingenommen, kann dies zum beschleunigten Abbau des Opioids führen. Die Folge kann eine verringerte schmerzlindernde Wirkung sein.7,8

Tipp: Lassen Sie Ihre eingenommenen Medikamente von Ihrem Arzt oder Ihrem Apotheker auf mögliche Wechselwirkungen überprüfen. Zudem bieten viele Apotheken auf ihrer Webseite einen sogenannten Wechselwirkungs-Check an. Doch Vorsicht: Dieser liefert nur erste Hinweise zu einer möglichen gegenseitigen Beeinflussung von Arzneimitteln. Eine Beratung durch einen Arzt oder Apotheker kann er nicht ersetzen.

 

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Einzelnachweise

  1. Freye, E. (2009). Opioide in der Medizin. Springer-Verlag.
  2. Leppert, W. (2015). Emerging therapies for patients with symptoms of opioid-induced bowel dysfunction. Drug design, development and therapy, 9, 2215-.2231. 
  3. Andresen, V., & Wedel, T. (2016). Opioidinduzierte Obstipation. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP), 43, 21-29.
  4. Gräfe, K. (2019). Opioid-induzierte Obstipation: PAMORA statt Laxanzien. Pharmazeutische Zeitung. URL: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/pamora-statt-laxanzien/, zuletzt aufgerufen am 20.06.2022.
  5. Beubler, E. (2003). Kompendium der medikamentösen Schmerztherapie: Wirkungen, Nebenwirkungen und Kombinationsmöglichkeiten. Springer-Verlag.
  6. Kalso, E., et al. (2004). Opioids in chronic non-cancer pain: systematic review of efficacy and safety. Pain, 112(3), 372-380.
  7. Petri, H. (2014). Therapie mit Opioiden: Was es zu beachten gilt. Deutsches Ärzteblatt [SUPPLEMENT: Perspektiven der Schmerztherapie], 111(41), 12-15.
  8. Mende, A. (2017). Schmerztherapie: Viele Interaktionen möglich. Pharmazeutische Zeitung, 42. URL: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-422017/viele-interaktione..., zuletzt aufgerufen am 20.06.2022.