Die Folgen von Hypercholesterinämie

Atherosklerose und kardiovaskuläre Ereignisse

Sind die Cholesterinwerte zu hoch, lagern sich überschüssige Lipide an unterschiedlichen Stellen im Körper ab, insbesondere im Inneren von Arterien. Diese Lipidablagerungen in den Gefäßen führen zur Bildung von Plaques, die aufreißen können. An diesen Stellen können sich Thromben bilden, die das Gefäß teilweise bzw. komplett verschließen oder sich lösen und an anderer Stelle einen Gefäßverschluss bewirken können. Die Folgen können kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkt oder Apoplex sein. Erfahren Sie hier mehr zur Pathogenese der Atherosklerose und ihren klinischen Manifestationen.

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Deutliche Anzeichen von Hypercholesterinämie: Einlagerungen von überschüssigem Cholesterin

Überschüssiges Cholesterin lagert sich an unterschiedlichen Stellen im Körper ab

Ein hoher Cholesterinspiegel im Serum macht sich in der Regel nicht durch typische, spürbare Symptome bemerkbar, sondern ist vor allem anhand von Blutparametern detektierbar.

Die gefährlichste Folge von Hypercholesterinämie ist die Ablagerung überschüssiger Lipide in den Blutgefäßen und somit die Entstehung von Atherosklerose. Diese Ablagerungen infolge eines erhöhten Cholesterinspiegels sind maßgeblich an der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligt.

Sind die LDL-Cholesterin-Blutwerte stark erhöht, z. B. bei familiärer Hypercholesterinämie (FH), können Cholesterineinlagerungen in der Haut, im Auge und den Sehnen sichtbar werden. Überschüssiges Cholesterin kann sich im Augenlid (Kutane Xanthome), in der Hornhaut des Auges (Arcus corneae) oder in der Achillessehne (Tendinöse Xanthome) des Patienten ablagern. Bei Patienten mit sekundärer Hypercholesterinämie sind diese sichtbaren Cholesterin-Ablagerungen weniger häufig.1,2

Oft werden die Begriffe „Arteriosklerose“ und „Atherosklerose“ synonym verwendet. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen beiden Fachbegriffen: Die Arteriosklerose ist der Oberbegriff für verschiedene krankhafte Veränderungen der Arterienwände, die zu deren Verdickung und Versteifung führen. Wird die Verengung und Versteifung der Gefäße durch lipidhaltige Plaques verursacht, handelt es sich um die Atherosklerose. Sie ist die häufigste Unterform der Arteriosklerose.

Definition der Atherosklerose

Die Atherosklerose ist eine degenerative und entzündliche Erkrankung der innersten Gefäßwandschicht - der Intima. Ursachen für die Atherosklerose gibt es viele. Ein wesentlicher Faktor, der zu ihrer Pathogenese beiträgt, sind Lipideinlagerungen in den großen und mittleren Arterien. Im Verlauf der Atherosklerose bilden sich lipidhaltige Plaques aus, welche bei zunehmender Größe reißen können. An den Rupturen können sich Blutbestanteile wie Thrombozyten ablagern und Thromben bilden. Diese können das Gefäß teilweise oder vollständig verschließen oder sich lösen und im Blutkreislauf in andere Organe transportiert werden.

Diese degenerative und entzündliche Gefäßveränderung ist einer der wesentlichen Faktoren in der Pathophysiologie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie z. B. der koronaren Herzerkrankung (KHK). Die Folgeerscheinungen von Atherosklerose sind die häufigste Todesursache in westlichen Industrienationen.

 

Pathogenese der Atherosklerose

Die innere Schicht von Gefäßen, die Intima, besteht aus einer einzelnen Endothelzellschicht, die die Muskulatur und/oder das Bindegewebe der darunterliegenden Schicht (Media) bedecken. Durch Faktoren wie hohe LDL-Cholesterinwerte kommt es zur Endothelzelldysfunktion. Die endothelial-vermittelte Gefäßdilatation, die Permeabilität der Gefäße, die adhäsiven Eigenschaften der Intima sowie die endothelial-vermittelte Hemmung der Thrombozytenaggregation kann beeinträchtigt sein. Die Endothelzelldysfunktion ermöglicht Makrophagen, in die Gefäße einzuwandern. Dabei lagern die Makrophagen Lipide – insbesondere oxidiertes LDL-Cholesterin – ein. Nach der LDL-Cholesterinaufnahme wandeln sich Makrophagen in Schaumzellen um. Diese Schaumzellen führen zu Ablagerungen von Blutfetten in den Gefäßwänden.

Die Bildung von Schaumzellen verursacht chronische Entzündungsreaktionen, die sich auf tiefere Bereiche der Gefäßwand wie die Media ausbreiten können.

Das Gewebe der Arterien wird bei anhaltender Hypercholesterinämie allmählich umgebaut. Dabei bildet sich in der Arterie in Richtung Lumen eine bindegewebsartige Schicht (fibröse Kappe), die einen inneren Lipidkern bedeckt. Dieser Lipidkern besteht aus abgestorbenen Schaumzellen mit ihren oxidierten LDL-Cholesterinpartikeln. Es kommt zur Bildung atherosklerotischer Plaques, die zudem Calcium eingelagert haben.3,4,5

Bevorzugt bilden sich diese Lipideinlagerungen in den Koronararterien, der Carotisgabel (Bifurcatio carotidis) und den Arteriae femoralis, poplitea, tibialis anterior sowie tibialis posterior. Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie (FH) weisen hohe LDL-Cholesterinwerte auf und entwickeln bereits in jungen Jahren atherosklerotische Gefäßveränderungen. Folglich haben sie ein stark erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Möglich ist eine sehr frühe Manifestation, insbesondere wenn Risikofaktoren wie erhöhtes Lipoprotein (a) oder niedriges HDL-Cholesterin hinzukommen. Daher wird für die Behandlung sehr schwerer Verläufe, wie z. B. der homozygoten Form der familiären Hypercholesterinämie (HoFH) mit massiv erhöhten Cholesterinwerten, die LDL-Apherese eingesetzt. Denn untherapiert erreichen Patienten mit HoFH nicht das 30. Lebensjahr.

Pathogenese der Atherosklerose

Hypercholesterinämie-bedingte Atherosklerose erhöht das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse

  1. Tritt eine Läsion im Gefäß auf, wandert bei Patienten mit Hypercholesterinämie LDL-Cholesterin in tiefere Gefäßschichten ein. Dort wird das LDL-Cholesterin oxidiert und somit toxisch. Es folgt die Einwanderung von Makrophagen, die das oxidierte LDL-Cholesterin aufnehmen.
  2. Die Makrophagen schwellen durch das aufgenommene LDL-Cholesterin an und blähen sich auf. Thrombozyten stimulieren das Wachstum glatter Muskelzellen. Die aufgeblähten Makrophagen wandeln sich in Schaumzellen um und wölben sich in Richtung Gefäßinnenraum (Lumen). Es bilden sich Gefäße mit Fettstreifen im Inneren. Sie sind das erste erkennbare Zeichen von Atherosklerose.
  3. Die Aufwölbung im Gefäß – ein sogennater Plaque – wächst bei anhaltender Hypercholesterinämie über Jahre weiter und die Gefäße verengen sich.
  4. Mit zunehmender Größe steigt das Risiko der Plaqueruptur. Nach Ruptur eines Plaques können sich in der Arterie Blutbestandteile wie z.B. Thrombozyten anreichern und einen Thrombus ausbilden. Findet dieser Prozess z.B. in den Koronargefäßen statt, wird der Blutfluss zum Myokard verhindert. Daraus resultiert ein Myokardinfarkt und das Absterben von Teilen des Herzmuskels.
Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Abb. 1: Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Abb. 2: Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Abb. 3: Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Abb. 4: Atherosklerotische Verengung bis zum Gefäßverschluss

Die Bildung atherosklerotischer Plaques kann aufgehalten werden, sofern die degenerativen und entzündlichen Prozesse in den Arterien nicht zu weit vorangeschritten sind. Wird mit Ausdauersport begonnen, sinkt der Cholesterinspiegel und das Verhältnis der Lipoproteine verschiebt sich zugunsten des HDL-Cholesterins. Dieses kardioprotektive Cholesterin – das sogenannte „gute“ Cholesterin - nimmt aus den Makrophagen in den Gefäßwänden Lipide auf und transportiert diese zurück zur Leber. Bei Fettstoffwechselstörungen, die mit einer ausgeprägten Erhöhung der LDL-Cholesterinwerte einhergehen, sind die degenerativen Gefäßveränderungen jedoch nicht reversibel. Bei diesen Patienten ist zum Schutz vor kardiovaskulären Ereignissen eine medikamentöse Behandlung erforderlich.

Klinische Manifestationen der Atherosklerose

Atherosklerotische Plaques können bei zunehmender Größe reißen. An den Rupturen können sich Blutbestanteile wie Thrombozyten ablagern und Thromben bilden. Diese können das Gefäß teilweise oder vollständig verschließen oder sich lösen und im Blutkreislauf in andere Organe transportiert werden. Dabei können Thromben die Gefäße so sehr verengen, dass es zu einem Infarkt kommt, d.h. die betroffenen Organe sind mit Sauerstoff unterversorgt (Ischämie), was zur Nekrose führt.

Bei teilweisem Verschluss der Arterien können eine Angina pectoris, eine transitorische ischämische Attacke (TIA) oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) die Folge sein.

Im Falle einer Angina pectoris leidet der Patient unter anfallsartigem Schmerz in der Brust, der in der Regel durch eine oder mehrere Verengungen in den Koronararterien verursacht wird. Diese Störung der Koronardurchblutung ist vorübergehend und bildet sich häufig bei einer koronaren Herzkrankheit (KHK) aus.

Bei Patienten mit einer TIA kommt es zu Durchblutungsstörungen im Gehirn. Die Folge sind neurologische Ausfallserscheinungen, die sich jedoch innerhalb von einer Stunde vollständig zurückbilden können.

Ist die arterielle Durchblutung der Extremitäten durch inkompletten Gefäßverschluss gestört, kann die Ausbildung einer pAVK die Folge sein.

Bei komplettem Verschluss der Gefäße sind ein Myokardinfarkt, Apoplex oder die arterielle Verschlusskrankheit (AVK) möglich.

Der lebensbedrohliche Myokardinfarkt wird in der Regel durch Thromben in atherosklerotisch veränderten Engstellen von Herzkranzgefäßen verursacht. Dies führt zu einer anhaltenden Ischämie des Myokards.

Beim Apoplex kommt es zu einem plötzlich einsetzenden Ausfall bestimmter Gehirnfunktionen infolge einer Durchblutungsstörung des Gehirns oder einer Blutung. Ein ischämischer Schlaganfall entsteht durch einen Gefäßverschluss im Gehirn. Dabei wird eine Arterie durch ein Blutgerinnsel verschlossen, das sich z. B. in den Koronararterien oder der Karotis gelöst hat und mit dem Blutstrom in die Hirngefäße verschleppt wurde. Dieser sogenannte Embolus verhindert die ausreichende Blutversorgung bestimmter Hirnareale. Bei einem hämorrhagischen Schlaganfall platzt ein Gefäß im Gehirn und schädigt betroffene Hirnbereiche.

Der Arterienverschluss kann auch in der Peripherie zu einer Ischämie und somit zur AVK führen. In rund 90 % der Fälle betrifft die AVK die Beine. Je nach Schweregrad kann dies Amputationen der betroffenen Gliedmaßen nach sich ziehen.4

Risikofaktoren für Atherosklerose und kardiovaskuläre Ereignisse

Risikofaktoren für Atherosklerose

Risikofaktoren für Atherosklerose und kardiovaskuläre Ereignisse

Prädisponierende Faktoren für die Entstehung von Atherosklerose sind Fettstoffwechselstörungen mit hohen LDL-Cholesterin- und/oder hohen Triglyceridspiegeln, Diabetes mellitus, Nikotinkonsum sowie eine ungesunde Ernährung mit zu vielen tierischen Fetten. Dabei ist die Hyperlipidämie einer der bedeutendsten Risikofaktoren für die Entstehung von Atherosklerose und demzufolge eine der Hauptursachen für kardiovaskuläre Erkrankungen. Insbesondere Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie, die sehr hohe LDL-Cholesterinspiegel aufweisen, sind prädestiniert für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen - oft bereits in jungen Jahren.

Grundsätzlich gilt: Je höher der Cholesterinspiegel des Patienten, desto höher ist auch sein Risiko für die Ausbildung von Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein erhöhter Cholesterinspiegel bedingt durch eine Fettstoffwechselstörung ist jedoch nicht der einzige Risikofaktor. Es gibt eine Reihe zusätzlicher Faktoren, die in Kombination das kardiovaskuläre Risiko weiter steigern. Häufig liegen bei Patienten mehrere Risikofaktoren vor. Das Alter spielt ebenfalls eine Rolle, denn mit zunehmendem Alter steigt auch das Risiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dabei haben Männer grundsätzlich ein höheres kardiovaskuläres Risiko als Frauen.

Bei Übergewicht muss das Herz ein höheres Schlagvolumen aufbringen und wird stärker beansprucht. Ist darüber hinaus ein hoher Blutdruck des Patienten über einen langen Zeitraum nicht eingestellt, muss das Herz aufgrund des erhöhten Drucks ebenfalls konstant Mehrarbeit leisten. Dies beeinträchtigt auf Dauer die Gefäßgesundheit und triggert damit die Pathogenese der Atherosklerose.

Darüber hinaus wurde ein Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Herz-Kreislauf-Erkrankungen festgestellt. Bei rauchenden Patienten ist zu beachten, dass die Kombination aus Nikotin und Kohlenmonoxid die arterielle Intima schädigt und Lipideinlagerungen in die Gefäßwand fördern. Das Risiko für solche Gefäßveränderungen ist bei Patienten mit Diabetes mellitus ebenfalls erhöht. Eine weitere Risikogruppe stellen Patienten mit chronischer Nierenerkrankung dar.4,6 Treffen Risikofaktoren wie z. B. familiäre Hypercholesterinämie mit hohen LDL-Cholesterinspiegeln, fettreicher Ernährung und/oder Hypertonie zusammen, potenziert sich die Wahrscheinlichkeit kardiovaskulärer Ereignisse und erfordert eine adäquate medikamentöse Therapie.

Die Folgen erhöhter Cholesterinwerte in Kürze

Die Hypercholesterinämie, insbesondere die genetisch bedingte familiäre Hypercholesterinämie, ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren für Atherosklerose. Diese degenerative, entzündliche Gefäßerkrankung ist die häufigste Form der fibrösen Verhärtung der Arterienwand - der Arteriosklerose. Durch zu hohe LDL-Cholesterinwerte im Blut kommt es zu Lipidablagerungen in den Gefäßen. Diese werden mit der Zeit umgebaut und von einer fibrösen Kappe bedeckt. Die so entstehenden lipidhaltigen Plaques wachsen weiter und können reißen. An den Rupturen können sich Blutbestandteile wie Thrombozyten anreichern. Die entstehenden Thromben können die Gefäße so sehr verengen, dass Ischämie und Nekrose die Folgen sind. Auch ein Ablösen und Wandern der Thromben ist möglich. Resultierende kardiovaskuläre Ereignisse können bei teilweisem Gefäßverschluss eine Angina pectoris, transitorische ischämische Attacke (TIA) oder periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) sein. Sind die atherosklerotischen Gefäße komplett verschlossen, können ein Myokardinfarkt, Apoplex oder eine arterielle Verschlusskrankheit (AVK) die Folge sein. Die Hypercholesterinämie ist dabei eine der Hauptursachen für diese kardiovaskulären Ereignisse.

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Abkürzungsverzeichnis

Abkürzung Bedeutung
AVK Arterielle Verschlusskrankheit
FH Familiäre Hypercholesterinämie
HDL-C High Density Lipoprotein Cholesterin
HoFH Homozygote familiäre Hypercholesterinämie
KHK Koronare Herzerkrankung
LDL Low Density Lipoprotein
pAVK Periphere arterielle Verschlusskrankheit
TIA Transitorische ischämische Attacke

Quellen

  1. Richter W. DGFF (Lipid-Liga) e.V. Cholesterin-Ratgeber. 6. Aufl., 2017.
  2. Klose G, et al. Familiäre Hypercholesterinämie: Entwicklungen in Diagnostik und Behandlung. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 523-529.
  3. Hegele R. Plasma lipoproteins: genetic influences and clinical implications. Nat Rev Genet 2009;10:109–121.
  4. Falk E. Pathogenesis of Atherosclerosis. J Am Coll Cardiol. 2006;47(8 Suppl.):C7-C12.
  5. Shattat G. F. A Review Article on Hyperlipidemia: Types, Treatments and New Drug Targets. Biomed Pharmacol J 2014;7(2).
  6. Palomo L et al. Cardiovascular risk factors, lifestyle, and social determinants: a cross-sectional population study. Br J Gen Pract 2014;64(627):e627-e633.

Abbildungen
Abb. 1-4: Adaptiert nach Anspaugh, D. J., Hamrick, M. H. & Rosato, F. D.: Wellness: Concepts and Applications. 2010.