Ursachen und Folgen der Hypertonie

Für die Hypertonie gibt es nicht nur eine bestimmte Ursache. Häufig sind es mehrere Faktoren, die zusammenkommen und den Blutdruck erhöhen. Zu hohe Blutdruckwerte sind ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie z. B. Herzinsuffizienz, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Oft bemerken Patienten ihren Bluthochdruck nicht oder zu spät, da sie anfangs keine Symptome aufweisen und bleiben folglich unbehandelt. Umso wichtiger ist es, Ihre Patienten über die Risiken zu hoher Blutdruckwerte aufzuklären und ihnen geeignete Maßnahmen zur Behandlung aufzuzeigen. Erfahren Sie im Folgenden mehr über die physiologische Regulation des Blutdrucks, die Entstehung von arterieller Hypertonie sowie die Folgen von zu hohem Blutdruck.

Der Taktgeber - Erregungsbildung im Herzen

Der Takt, mit dem das Blut durch die Gefäße gepumpt wird, wird vom Herzen vorgegeben. Hier erzeugen spezialisierte Muskelzellen autonom durch spontane Erregungsbildung ein Aktionspotential. Die regelmäßige elektrische Erregung der Herzmuskelzellen führt zur regelmäßigen Kontraktion des Herzens.

Der primäre Schrittmacher im Herzen ist der Sinusknoten. Dieses Geflecht aus spezialisierten Herzmuskelfasern befindet sich in der rechten Vorhofwand. Der Sinusknoten bestimmt die Herzfrequenz, d. h. die Anzahl der Herzschläge pro Minute, und erregt die Vorhöfe. Über die Muskulatur der Vorhöfe gelangt die Erregung zum nächsten Schrittmacherzentrum, dem Atrioventrikular(AV)-Knoten, der im mittleren Septum interatriale oberhalb der Trikuspidalklappe liegt. Daraufhin erzeugt der AV-Knoten ein sekundäres Aktionspotential und gibt die Erregung verzögert zum naheliegenden His-Bündel weiter. Das His-Bündel verzweigt sich in den rechten und linken Kammerschenkel, die Tawara-Schenkel. Diese ziehen zum Apex cordis und teilen sich in die Purkinje-Fasern. Von deren Enden wird die Erregung vom Septum zum Myokard weitergeleitet. Dies führt letztendlich zur Kontraktion des Herzmuskels.1-3

Erregungsbildung in den Schrittmacherzentren des Herzens

Rangfolge Schrittmacher Frequenz (Erregungen/min)
primär Sinusknoten 60 - 80
sekundär AV-Knoten 40 - 50
tertiär His-Bündel mit Purkinje-Fasern 30 - 40

 

Der Sinusknoten, der AV-Knoten und das His-Bündel mit den Purkinje-Fasern erzeugen eigene Potentiale. Die Grundfrequenz dieser Schrittmacherpotentiale nimmt vom über- zum untergeordneten Schrittmacherzentrum hin ab, d. h. der Sinusknoten als primärer Schrittmacher erzeugt mit 60 - 80 Erregungen pro Minute die höchste Frequenz.

Die abnehmende Grundfrequenz während der Erregungsleitung gewährleistet, dass der schnellere und übergeordnete Schrittmacher den untergeordneten Schrittmacher erregt, bevor das untergeordnete Erregungszentrum ein eigenes Aktionspotential generiert. Fällt ein Schrittmacher aus, kann das nächst untergeordnete Schrittmacherzentrum die Erregungsbildung übernehmen.4

Alles-oder-Nichts-Prinzip

Damit es zu einer Erregungsbildung kommt, muss ein bestimmter Schwellenwert überschritten werden. Anders als bei der Skelettmuskulatur korreliert die Stärke der Kontraktion des Herzens jedoch nicht mit der Anzahl der erregten Nervenfasern.

Die Muskulatur des Herzens ist quergestreift. Im Bereich der Glanzstreifen (Disci intercales) sind die Kardiomyozyten miteinander verbunden. Der Interzellularspalt zwischen benachbarten Herzmuskelzellen wird durch verbindende Kanäle, die sogenannten Gap Junctions, überbrückt. Diese porenbildenden Proteinkomplexe durchqueren die Zellmembranen zweier benachbarter Zellen, verbinden somit das Zytoplasma benachbarter Zellen miteinander und ermöglichen einen kontrollierten Stoffaustausch. Durch Gap Junctions entsteht die elektrische Kopplung der Herzmuskelzellen und eine schnelle Weiterleitung von Aktionspotenzialen von einer Herzmuskelzelle auf die nächste. Demzufolge erfasst eine Erregung stets alle Kardiomyozyten und erzeugt eine Kontraktion des gesamten Myokards oder der Schwellenwert ist nicht ausreichend und es erfolgt keine Herzkontraktion. Die Erregbarkeit des Herzens unterliegt dem Alles-oder-Nichts-Prinzip.1,3

Aktionspotential

Abb. 1: Aktionspotential zur Erregungsbildung des Herzens

Das Aktionspotential zur Erregungsbildung des Herzens⁵,

Das Aktionspotential stellt eine kurzfristige, vorübergehende Spannungsänderung an der Zellmembran gegenüber dem Ruhemembranpotential dar. Herzmuskelzellen bilden extrem lange Aktionspotenziale aus, die 350 Millisekunden andauern können. Das für die Erregungsbildung notwendige Aktionspotential des Herzens entsteht durch das Zusammenwirken von Natrium(Na+)-, unspezifischen Kationen-, Calcium(Ca2+)- und Kalium(K+)-Kanälen.

Depolarisation

In Ruhe wird das Membranpotential im Arbeitsmyokard durch K+-Kanäle aufrechterhalten. Das Aktionspotential einer Herzmuskelzelle wird durch die Depolarisation ihrer Nachbarzellen ausgelöst, mit denen sie durch Gap Junctions verbunden ist. Die Depolarisation führt zur Öffnung spannungsabhängiger Na+-Kanäle, was einen massiven Na+-Einstrom zur Folge hat. Dieser bewirkt eine weitere Änderung des Membranpotentials. Die Na+-Kanäle werden innerhalb von Millisekunden wieder inaktiviert. Die zuvor ausgelöste Depolarisation öffnet spannungsabhängige Ca2+-Kanäle, wodurch die Zellmembran depolarisiert bleibt (= Plateau des Aktionspotentials). Der Muskel kontrahiert.

Repolarisation

Das in die Zelle einströmende Ca2+ stimuliert die Freisetzung von Ca2+ aus intrazellulären Speichern. Dieser Ionenüberschuss führt zur Hemmung der Ca2+-Kanäle. Es kommt zur Öffnung von K+-Kanälen. Zusammen mit der Inaktivierung der Ca2+-Kanäle hat dies die Repolarisation der Zelle zur Folge. Es bildet sich wieder ein Ruhepotential aus. Freigesetztes Ca2+ wird wieder in die Speicher der Kardiomyozyten zurückgepumpt, die zytosolische Konzentration sinkt und das Myokard erschlafft.

Membranpotential, Calciumspiegel und Kontraktionskraft

Abb. 2: Zeitlicher Zusammenhang zwischen Membranpotential, intrazellulärer Calciumkonzentration und Kontraktionskraft⁷

Die Rolle der Calciumkanäle bei der Erregungsbildung des Herzens⁶,

Änderungen der intrazellulären Ca2+-Konzentration führen zur Kontraktion oder Erschlaffung des Muskels. Während der Depolarisation öffnen sich Ca2+-Kanäle, während der Repolarisation schließen sie sich und pumpen Ionen zurück. Dies führt zur Senkung der zytosolischen Ca2+-Konzentration. Daraufhin erschlafft der Muskel.

Die Kontraktionskraft nimmt mit steigender intrazellulärer Ca2+-Konzentration zu.

Calciumkanäle im Herzen⁸

T-Typ-Calciumkanäle L-Typ-Calciumkanäle
  • erzeugen einen transienten Ionenstrom
  • z.B. in den Schrittmacherzellen im Sinusknoten
  • wichtig für die Erzeugung von Aktionspotentialen
  • erzeugen einen langanhaltenden Ionenstrom
  • zahlreich in den Herzmuskelzellen vorhanden
  • wichtig für die Kontraktion

 

Im Herzmuskel erfolgt der Ca2+-Einstrom über spannungsgesteuerte Calciumkanäle. Im Gefäßsystem sind spannungsabhängige Calciumkanäle von Bedeutung, bei denen man zwischen T-Typ- und L-Typ-Kanälen unterscheidet.  T-Typ-Calciumkanäle werden bereits bei einer geringen Depolarisation von -50 mV kurzzeitig aktiviert, wohingegen Kanäle vom L-Typ eine höhere Depolarisation zur Aktivierung benötigen, dafür allerdings den Ionenstrom lang anhalten. Aus „longlasting“ ergibt sich das L bei diesem Calciumkanaltyp und aus „transient“, also vorübergehend, das T bei Calciumkanälen vom T-Typ.9,10

Kardiomyozyten weisen zahlreiche L-Typ-Calciumkanäle auf, die nach Inaktivierung der Natriumkanäle den Kationeneinstrom vermitteln und zugleich durch Erhöhung der zytosolischen Ca2+-Konzentration zur Kontraktion beitragen. 

Schrittmacherzellen im Sinusknoten des Herzens haben sehr wenige Natriumkanäle, so dass ihre Aktionspotentiale überwiegend von der Aktivierung der spannungsgesteuerten T-Typ-Calciumkanäle getragen werden. 

Klinisch kann dies bei der Therapie mit Calciumantagonisten genutzt werden, welche L-Typ-Calciumkanäle reversibel blockieren. Sie vermindern so den Einstrom von Ca2+ in glatte Muskelzellen von Arterien und in Herzmuskelzellen und tragen zur Blutdrucksenkung und energetischen Entlastung des Herzmuskels bei.8

Blutdruck: Systole und Diastole

Der systolische Wert gibt den maximalen Blutdruck während der Anspannungs-/Austreibungsphase in der Herzkammer an, wohingegen der diastolische Wert dem unteren Wert, bis zu dem der Druck in der Entspannungsphase abfällt, entspricht. Bei einem Blutdruck von 120 zu 80 mmHg pulsiert also der Druck wellenförmig zwischen diesen beiden Werten hin und her.1

Der Blutdruck als Regelgröße

Trotz der im täglichen Leben sehr unterschiedlichen Anforderungen an den Kreislauf muss der Blutdruck in engen Grenzen konstant gehalten werden, damit alle Organe, v.a. das Gehirn, mit Sauerstoff und Energie versorgt werden.

Das Herzminutenvolumen entspricht der Blutmenge, die das Herz in einer Minute umsetzt. Der totale periphere Widerstand ergibt sich aus den Gefäßwiderständen im Körperkreislauf. Er ist abhängig von dem Füllungszustand der Gefäße, der Blutmenge sowie dem Salz- und Wassergehalt im Körper. Zudem wird der totale periphere Widerstand von der Weite und Elastizität der Gefäße sowie dem Widerstand der kleinen Arterien maßgeblich beeinflusst.

Der Blutdruck ist das Produkt aus Herzzeitvolumen und totalem peripherem Widerstand:
Arterieller Blutdruck (RR) = Herzzeitvolumen (HZV) * totaler peripherer Widerstand

Die Blutdruckregulation erfolgt durch zeitlich versetzt arbeitende neuronale und hormonelle Regelkreise sowie über die Langzeitbeeinflussung des Salz-Wasser-Haushaltes und der Druckdiurese. Rezeptoren spielen dabei eine bedeutende Rolle: Barorezeptoren, die in den Blutgefäßen fortlaufend den Blutdruck erfassen sowie Chemorezeptoren, die chemische Reize registrieren.1,5,11

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) reguliert den Blutdruck sowie den Salz- und Wasserhaushalt im menschlichen Körper. Beim RAAS handelt es sich um einen Regelkreislauf, der von speziellen Hormonen sowie Enzymen beeinflusst wird.

In den Nieren messen die spezialisierten Tubuluszellen der Macula densa den NaCl-Gehalt der Tubulusflüssigkeit und geben diese Information an benachbarte Zellen des juxtaglomerulären Apparates weiter. Bei diesen handelt es sich um umgewandelte glatte Muskelzellen des Vas afferens, dem zuführenden Gefäß für den Glomerulus (der Nierenarterie entstammend). Sie sind gefüllt mit Renin-haltigen Vesikeln. Durch den arteriellen Blutdruck, den Sympathikus und durch Na+-Ionen wird die Reninfreisetzung reguliert.

Bei einer zu geringen NaCl-Konzentration gelangt Renin in die Blutzirkulation und setzt aus Angiotensinogen (aus der Leber stammend) das Dekapeptid Angiotensin I frei. Angiotensin I wird in Angiotensin II umgewandelt, wofür das Angiotensin Converting Enzyme (ACE) notwendig ist. Dieses lässt sich durch ACE-Hemmer blockieren.

Angiotensin II verengt die Blutgefäße und steigert den Blutdruck. Zudem stimuliert Angiotensin II die Ausschüttung von Aldosteron in den Nebennieren. Das Hormon Aldosteron fördert die Resorption von Na+-Ionen im Sammelrohr. Die erhöhte Ionenkonzentration führt zur verstärkten Rückresorption von Wasser, wodurch das Blutvolumen und der Blutdruck ansteigen. Aldosteron induziert zudem eine verstärkte Freisetzung von Noradrenalin und übt eine stimulierende Wirkung auf die Vasopressinsekretion aus.

An der Signaltransduktion von Angiotensin II sind Angiotensin-II-Rezeptoren vom Subtyp 1 (AT1-Rezeptoren) und Subtyp 2 (AT2-Rezeptoren) beteiligt. Aus der Aktivierung von AT1-Rezeptoren resultieren Vasokonstriktion, Salz- und Wasserretention sowie gesteigerte Sympathikusaktivität. Die blutdrucksteigernden Effekte von Angiotensin II werden über die AT1-Rezeptoren vermittelt, die spezifisch durch AT1-Rezeptorantagonisten blockiert werden können.
Bindet Angiotensin II an AT2-Rezeptoren, hat dies eher eine antagonistische (blutdrucksenkende) Wirkung. AT2-Rezeptoren spielen für die Blutdruckregulation jedoch eine untergeordnete Rolle.1,12-15

Blutdruckregulation durch das RAAS

Abb. 3: Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System

Das RAAS ist ein wichtiges blutdruckregulierendes System im Körper

 

1-2: Bei niedrigem Blutdruck wird Renin aus den Nieren ins Blut abgegeben und aktiviert Angiotensin I.

3: Angiotensin I wird durch ACE in Angiotensin II umgewandelt.

4: Angiotensin II wirkt über Angiotensin-Typ-1(AT1)-Rezeptoren vasokonstriktiv

5: Stimulation der Ausschüttung von Aldosteron in den Nebennieren aktiviert den Sympathikus
→ Der Blutdruck steigt.

Angiotensin Converting Enzyme (ACE)

Das Angiotensin-konvertierende Enzym (ACE) wandelt Angiotensin I in Angiotensin II um. Es wirkt jedoch nicht spezifisch auf Angiotensin I, sondern spaltet und inaktiviert auch weitere vasodilatative Substanzen wie Kallidin, Substanz P und Bradykinin. Durch spezifische Bindungen an entsprechende Rezeptoren im Gefäßendothel verursachen diese Peptidhormone eine erhöhte Gefäßpermeabilität sowie eine Tonusänderung der glatten Muskulatur in der Gefäßwand und dadurch letztlich eine Gefäßerweiterung. 
Die Funktion von ACE, kann durch die Gabe von ACE-Hemmern blockiert werden.1,12
 

Definition der Hypertonie

Gemäß den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und European Society of Hypertension (ESH) 2018 ist Bluthochdruck definiert als ein systolische Druck über 140 mmHg und/oder ein diastolische Druck über 90 mmHg in Ruhe.16,17

Die Diagnose Bluthochdruck soll nach wiederholten Messungen des Praxisblutdruck oder praxisunabhängigen Messungen, d. h. mittels Langzeitblutdruckmessung und/oder häuslicher Blutdruckmessung, gestellt werden.16,17

Die arterielle Hypertonie ist ein bedeutender Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen und die häufigste chronische Erkrankung.18 Die Definition des Bluthochdrucks basiert auf Evidenzen aus randomisiert kontrollierten Studien, in denen Patienten mit diesen Blutdruckwerten von einer blutdrucksenkenden Therapie profitieren. Der Blutdruck wird in optimal, normal, hochnormal, Hypertonie Grad 1 bis 3 sowie in die isolierte systolische Hypertonie eingeteilt.16,17

Kategorie * Systolisch (mmHg) Diastolisch (mmHg)
Optimal < 120 und < 80
Normal 120 - 129 und/oder 80 - 84
Hochnormal 130 - 139 und/oder 85 - 89
Hypertonie Grad 1 140 - 159 und/oder 90 - 99
Hypertonie Grad 2 160 - 179 und/oder 100 - 109
Hypertonie Grad 3 180 und/oder 110
Isolierte systolische Hypertonie ** 140 und < 90

* Die Blutdruckkategorie ist definiert durch den jeweilig höheren systolischen oder diastolischen Blutdruck im Sitzen.
** Der isolierte systolische Hypertonus wird in Grad 1, 2 oder 3 eingeteilt, je nachdem wie hoch die systolischen Blutdruckwerte sind. Diese Klassifizierung gilt für Erwachsen aller Altersklassen sowie Jugendliche ab 16 Jahren.

Unterschätzte klinische Relevanz der Hypertonie

Die meisten Patienten mit Bluthochdruck spüren lange keine Symptome, weshalb die erhöhten Blutdruckwerte oft unentdeckt und somit unbehandelt bleiben. Demzufolge ist es für jeden wichtig, seine Blutdruckwerte regelmäßig zu kontrollieren - selbst wenn er keine typischen Symptome aufweist.
Erste Anzeichen für Hypertonie sind Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit, Schwindel, Übelkeit, Nasenbluten sowie Sehstörungen. Viele Patienten bringen diese Symptome nicht mit einem Bluthochdruck in Verbindung und bagatellisieren sie. Oft sind ihnen die gesundheitlichen Risiken eines unkontrollierten Blutdrucks nicht hinreichend bekannt. So wird eine Hypertonie oft erst diagnostiziert, wenn bereits Folgeschäden aufgetreten sind. Eine breite Aufklärung der Bevölkerung hat nach wie vor eine hohe Priorität. Hierbei spielt vor allem der behandelnde Arzt eine überaus wichtige Rolle.5,11,19
 

Ursachen der Hypertonie

Die Gründe für Bluthochdruck sind vielfältig. Abhängig von den Ursachen wird in primäre und sekundäre Hypertonie unterschieden. Bei 90 - 95 % der Betroffenen findet sich keine alleinige Ursache (primäre Hypertonie). So können multifaktorielle, oft nicht eindeutig bestimmbare Ursachen, z. B. erbliche Veranlagungen, Übergewicht (ca. 30 %) und ungünstiger Lebenswandel wie erhöhter Alkoholkonsum (ca. 10 %) und Bewegungsmangel zu Bluthochdruck führen.
Lediglich 5 - 10 % der Fälle werden als sekundäre Hypertonie klassifiziert. Sie wird auch als symptomatische Hypertonie bezeichnet und ist meist Folge einer anderen Grunderkrankung. So können Nieren- und Gefäßerkrankungen sowie hormonelle Erkrankungen und Schlafstörungen, wie z. B. die obstruktive Schlafapnoe, zu Bluthochdruck führen. Ebenso kann Hypertonie medikamentös- (z. B. durch orale Kontrazeptiva, Kortikosteroide oder Rheumamedikation), ernährungs- oder schwangerschaftsbedingt auftreten.5,11
 

Arterielle Hypertonie als Teil des metabolischen Syndroms

In der Abschätzung des multifaktoriellen Risikos spielt das metabolische Syndrom eine zentrale Rolle. Unter diesem Syndrom wird das gehäufte, gemeinsame Auftreten von abdominaler Adipositas, Diabetes mellitus (einschließlich Vorstufen wie gestörte Glukosetoleranz und Insulinresistenz), atherogene Dyslipidämie und Bluthochdruck verstanden. Die Ursache des Syndroms ist vor allem Übergewicht, Fehlernährung und Bewegungsmangel, wie sie oft in Wohlstandsgesellschaften auftreten. Daher wird es häufig als Wohlstandssyndrom, aufgrund seiner schwerwiegenden kadiovaskulären Folgen auch als tödliches Quartett bezeichnet.20

Atherosklerose als Folge von hohem Blutdruck

Bluthochdruck ist ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung der Atherosklerose, da er das Gefäßsystem bei längerfristigem Bestehen stark belastet. Haben sich durch weitere Risikofaktoren, wie z. B. Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, Rauchen und erhöhtes Alter, bereits Ablagerungen von Lipiden, Bindegewebe und Kalk in den Gefäßen gebildet, verdicken und verhärten sich die atherosklerotischen Gefäße unter Einfluss des Bluthochdrucks zunehmend. Schwere kardiovaskuläre Komplikationen, wie z. B. Herzinsuffizienz, Herzinfarkt oder Schlaganfall können die Folge sein. Kardiovaskuläre Erkrankungen und ihre Komplikationen sind in den westlichen Industrienationen die häufigste Todesursache.5

Zusammengefasst: Ursachen und Folgen der Hypertonie

Der Takt, mit dem das Blut durch die Gefäße gepumpt wird, wird vom Herzen vorgegeben. Schrittmacherzentren im Herzen sind dabei für die Erregungsbildung verantwortlich und führen zur Kontraktion des Herzmuskels. Die Kontraktionskraft wird über spannungsgesteuerte Calciumkanäle reguliert. Der während der Anspannungs-/Austreibungsphase in der Herzkammer erzeugte maximale Blutdruck wird durch den systolischen Wert beschrieben. Der diastolische Wert entspricht dem unteren Wert, bis zu dem der Druck in der Entspannungsphase abfällt. Die Blutdruckregulation erfolgt durch Regelkreise wie das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) sowie über die Langzeitbeeinflussung des Salz-Wasser-Haushaltes und der Druckdiurese. Gemäß den ESC/ESH-Leitlinien 2018 ist Bluthochdruck definiert als ein systolischer Druck über 140 mmHg und/oder ein diastolischer Druck über 90 mmHg in Ruhe.¹⁶ Die Ursachen für arterielle Hypertonie sind multifaktoriell. Es können erbliche Veranlagungen, Übergewicht, erhöhter Alkoholkonsum, Bewegungsmangel, andere anderen Grunderkrankungen (z. B. Nieren- oder Gefäßerkrankungen) oder bestimmte Medikamente zu Bluthochdruck führen. Längerfristig bestehende Bluthochdruck begünstigt die Entstehung von Atherosklerose. Gemeinsam mit Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, Rauchen und erhöhtem Alter ist die arterielle Hypertonie ein bedeutender Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen.

Abkürzungen

ACE Angiotensin Converting Enzyme
AT1 Angiotensin-II-Rezeptor Subtyp 1
AT2 Angiotensin-II-Rezeptor Subtyp 2
AV Atrioventrikular-Knoten
ESC European Society of Cardiology
ESH European Society of Hypertension

Quellen

  1. Schwegler, J., Lucius, R.: Der Mensch – Anatomie und Physiologie. 6. Auflage 2016. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart.
  2. Arastéh, K. et al.: Duale Reihe: Innere Medizin. 4. Auflage 2018. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart. 
  3. Beifuss, K. et al.: Kompaktwissen: Anatomie, Physiologie, Erkrankungen. 1. Auflage 2014. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München.
  4. Herzerregung. Amboss. https://www.amboss.com/de/wissen/Herzerregung, zuletzt aufgerufen in 12/2020.
  5. Lenz, T.: Hypertonie in Klinik und Praxis. 2008. Schattauer Verlag Stuttgart.
  6. Lang, F., Lang, P.: Basiswissen Physiologie. 2. Auflage 2007. Springer Medizin Verlag, Heidelberg.
  7. Scoote, M. et al.: The therapeutic potential of new insights into myocardial excitation–contraction coupling. Heart 2003; 89:371–376.
  8. Pape, H. C., Kurtz, A., Silbernagel, S.: Physiologie. 7. Auflage 2014. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  9. Antwerpes, F. et al.: T-Typ-Calciumkanal. DocCheck Flexicon. 13.08.2019. https://flexikon.doccheck.com/de/T-Typ-Calciumkanal, zuletzt aufgerufen in 12/2020.
  10. Römer, G. et al.: L-Typ-Calciumkanal. DocCheck Flexicon. 27.11.2020. https://flexikon.doccheck.com/de/L-Typ-Calciumkanal, zuletzt aufgerufen in 12/2020.
  11. Deutsche Hochdruckliga DHL. Aktiv gegen Bluthochdruck. Blutdruck – Bluthochdruck und seine Folgen. https://www.hochdruckliga.de/tl_files/content/dhl/folien/Foliensatz_1.pdf, zuletzt aufgerufen in 12/2020.
  12. Heinrich, P. et al.: Biochemie und Pathobiochemie. 9. Auflage 2014. Springer Medizin Verlag, Heidelberg.
  13. Dominiak, P., Unger, T.: AT1-Rezeptorantagonisten. 1997. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg.
  14. Wolf, G. et al.: Angiotensin-II-Wirkungen an der Niere: mehr als ein Vasokonstriktor. Dt Ärztebl 1996; 93: A-2039–2042.
  15. Bosnyak, S. et al.: Stimulation of angiotensin AT2 receptors by the non-peptide agonist, Compound 21, evokes vasode pressor effects in conscious spontaneously hypertensive rats. Br. J. Pharmacol 2010; 159:709-716.
  16. Williams, B. et al.: 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Cardiology ESC and the European Society of Hypertension ESH. European Heart Journal 2018; 39: 3021–3104.
  17. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz-und Kreislaufforschung e.V. 2019/Deutsche Hochdruckliga e.V. ESC/ESH Pocket Guidelines. Management der arteriellen Hypertonie, Version 2018.  
  18. Mahfoud, F. et al.: Kommentar zu den Leitlinien 2018 der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie ESC und der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie ESH für das Management der arteriellen Hypertonie. Kardiologe 2019; 13: 17-23. 
  19. World Health Organization WHO. Hypertension: Symptoms. https://www.who.int/health-topics/hypertension/#tab=tab_2, zuletzt aufgerufen in 12/2020.
  20. Pott, G.: Das metabolische Syndrom. 2. Auflage 2007. Schattauer Verlag, Stuttgart.

Abbildungen

Abb. 1: Adaptiert nach Lang, F., Lang, P.: Basiswissen Physiologie. 2. Auflage 2007. Springer Medizin Verlag, Heidelberg.
Abb. 2: Adaptiert nach Scoote, M. et al.: The therapeutic potential of new insights into myocardial excitation–contraction coupling. Heart 2003; 89:371–376.
Abb. 3: Adaptiert nach Föller M.: Ernährung - Physiologische und Praktische Grundlagen. 2021. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg.