Ursachen eines hohen Cholesterinspiegels

Bei Patienten mit Hypercholesterinämie sind die Werte des LDL- und Gesamtcholesterins im Blut zu hoch.1 Ein erhöhter Cholesterinspiegel ist ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daher ist es im Praxisalltag wichtig, die Cholesterinwerte betroffener Patienten effektiv zu senken. In der Diagnosestellung der Hypercholesterinämie wird zwischen der primären und der sekundären Form unterschieden, die patientenindividuelle Behandlungsmaßnahmen erfordern.2,3

Primäre und sekundäre Hypercholesterinämie

Es gibt zwei Formen der Hypercholesterinämie: die primär bedingte und die sekundär bedingte Form. Während die primäre Hypercholesterinämie genetisch bedingt ist, tritt die sekundäre Form z. B. infolge anderer Erkrankungen, der Einnahme bestimmter Medikamente oder einer ungesunden Lebensweise auf.

Die primäre Hypercholesterinämie ist mit einem Gendefekt assoziiert, der vererbt oder aufgrund von Wechselwirkungen verschiedener Gene mit der Ernährung oder Faktoren, wie Rauchen oder körperliche Inaktivität, verursacht werden kann. Die erbliche Form der Lipidstoffwechselstörung führt bereits in jungen Jahren zu einer starken Erhöhung des LDL-Cholesterins (LDL-C). Oftmals wird die familiäre Hypercholesterinämie (FH) erst nach einem Herzinfarkt in jungem Alter oder bei familiärer Häufung von Myokardinfarkten diagnostiziert. Bei der sehr seltenen homozygoten familiären Hypercholesterinämie (HoFH) tragen beide Elternteile eine Hypercholesterinämie verursachende Genmutation, entweder mit identischen Mutationen, unterschiedlichen Mutationen im gleichen Gen oder Mutationen in unterschiedlichen Genen. Die Prävalenz der HoFH liegt bei etwa 1:1.000.000.4 Betroffene weisen massiv erhöhte LDL-Cholesterinwerte auf. Das kardiovaskuläre Risiko dieser Patienten ist so hoch, dass sie untherapiert keine 30 Jahre alt würden. Mit einer Prävalenz 1:500 ist die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie wesentlich häufiger. Aktuellere Schätzungen gehen sogar von einer Prävalenz von 1:200 aus.5 Diese Form der FH tritt auf, wenn ein Elternteil Träger einer Mutation – in den häufigsten Fällen im LDL-Rezeptorgen – ist.

Bei Patienten mit FH sind die Cholesterinwerte zu hoch. Allein durch Umstellungen des Lebensstils und der Ernährung lassen sich die hohen LDL-Cholesterinwerte jedoch nicht ausreichend senken. Daher ist eine medikamentöse Unterstützung, z. B. Statine in Mono- oder Kombinationstherapie mit weiteren cholesterinsenkenden Wirkstoffen, notwendig.

Zu hohe Cholesterinwerte im Rahmen einer sekundären Hypercholesterinämie können vielfältige Ursachen haben. So können andere Grunderkrankungen, wie z. B. Diabetes mellitus, Hypothyreose oder bestimmte Nierenerkrankungen, zu hohe Cholesterinwerte verursachen. Zudem wird das Risiko für eine sekundäre Hypercholesterinämie durch Übergewicht, übermäßige fett- und kalorienreiche Ernährung sowie Bewegungsmangel weiter erhöht. Darüber hinaus beeinflussen auch bestimmte Medikamente die Cholesterinwerte und können die Cholesterinspiegel erhöhen. Sind die Ursachen der sekundären Dyslipidämie bekannt, lassen sich durch deren Behandlung sowie Medikamentenplan- bzw. Lebensstiländerungen und eine ausgewogene Ernährung die erhöhten Cholesterinwerte in vielen Fällen bedeutend senken.

Pathologie der primären Hypercholesterinämie

Die Leber von Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie weist lediglich 2 - 30 % der physiologischen Anzahl funktioneller LDL-Rezeptoren auf. Daraus resultieren eine unzureichende hepatische Clearance von LDL-Cholesterin und folglich erhöhte LDL-Blutwerte, die allein durch eine Umstellung der Ernährung schwerlich auf optimale Cholesterinspiegel einzustellen sind.5,6 Primär werden bei diesen Patienten Statine eingesetzt, um die Cholesterinwerte und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.

Für 85 - 90 % der klinischen Manifestationen von familiärer Hypercholesterinämie sind Mutationen im LDL-Rezeptor verantwortlich.6 Dabei sind Deletionen, Insertionen, Missense- und Nonsense-Mutationen, die alle Schritte der Signalkaskade und Funktion des Rezeptors beeinträchtigen können, häufige Mutationen im LDL-Rezeptorgen. Zu hohe Cholesterinwerte werden zudem durch Defekte im ApoB- (natürlicher Rezeptorligand) oder PCSK9-Gen (beendet den Lebenszyklus des Rezeptors für das LDL-Cholesterin) verursacht. Dadurch kann der LDL-Rezeptor seinen Liganden lediglich in geringerem Ausmaß erkennen oder er selbst wird weniger exprimiert. Dies führt ebenfalls zu erhöhten Cholesterinwerten bei Patienten mit familiärer Dyslipidämie.

Pathologie der sekundären Hypercholesterinämie⁷

Hohe Cholesterinwerte sind in den meisten Fällen nicht erblich bedingt, sondern erworben. So kann die sekundäre Form der Hypercholesterinämie durch verschiedene Grunderkrankungen verursacht sein. Dazu gehören Adipositas oder das Metabolische Syndrom, Diabetes mellitus, Hypothyreose, Niereninsuffizienz, das Nephrotische Syndrom oder Cholestase. Diese Erkrankungen können u.a. zu einem Übermaß an Cholesterin im Blut führen. Zudem spielt der Lebensstil bei sekundärer Hypercholesterinämie eine bedeutende Rolle. Rauchen, übermäßiger Genuss von ungesunden Lebensmitteln mit hohem Anteil an gesättigten Fettsäuren und Zucker, Alkohol sowie körperliche Inaktivität führen zu erhöhten Cholesterinwerten. Medikamente auf Hormonbasis, Immunsuppressiva, Thiazide u.a. können den Cholesterinspiegel ebenfalls beeinflussen. Sie sind zusätzliche Risikofaktoren, die in Kombination mit verbreiteten Grunderkrankungen sowie einem ungesunden Lebensstil die Serum-Cholesterinwerte weiter erhöhen.

Je nach Ursache sind die HDL-, LDL-Cholesterin- und/oder Triglyceridwerte (TG) im Labor auffällig. So sind bei Patienten mit Diabetes mellitus die HDL-Cholesterinwerte zu niedrig und die Triglyceridwerte zu hoch. Das Level an kardioprotektivem HDL-Cholesterin ist auch bei adipösen Patienten häufig zu niedrig. Wie auch beim Metabolischen Syndrom haben diese Patienten einen erhöhten Triglyceridspiegel. Bei übermäßigem Konsum von fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln steigt der Spiegel des Gesamtcholesterins. Der LDL-Cholesterinwert ist häufig deutlich erhöht, wohingegen der Triglyceridwert unverändert bleibt.

Immunssuppressiva führen ebenfalls zu erhöhten Gesamtcholesterinspiegeln, da die LDL-Cholesterin- und insbesondere die Triglyceridwerte erhöht werden. Auch die Anwendung von Gestagenen kann erhöhte Gesamtcholesterinspiegel nach sich ziehen. Zwar sinkt das Level an HDL-Cholesterin und Triglyceriden unter Gestagentherapie, jedoch steigt der LDL-Cholesterinwert sehr stark an.

Erkrankungen und Lebensstil beeinflussen die Cholesterinwerte

Abb. 1: Erkrankungen und Lebensstil beeinflussen die Cholesterinwerte

Erkrankungen und Lebensstil beeinflussen die Cholesterinwerte

Abb. 2: Erkrankungen und Lebensstil beeinflussen die Cholesterinwerte

Ursachen der Hypercholesterinämie - zusammengefasst

Die Hypercholesterinämie wird ätiologisch in zwei Formen eingeteilt: die primäre und sekundäre Dyslipidämie. Die primäre Form ist genetisch bedingt. Die familiäre Hypercholesterinämie führt bereits in jungen Jahren zu hohen LDL-Cholesterinwerten. Sie erfordert eine medikamentöse Therapie, da Änderungen des Lebensstils allein nicht ausreichend sind. Die sekundäre Hypercholesterinämie ist erworben. Ursachen können eine ungesunde Lebensweise, Grunderkrankungen, wie das Metabolische Syndrom, Niereninsuffizienz oder Hypothyreose, sowie bestimmte Medikamente sein. Diese erworbene Form der Fettstoffwechselstörung kommt im Praxisalltag häufig vor. Die Erreichung eines definierten LDL-Cholesterin-Zielwertes gelingt in der Regel durch Änderung des Lebensstils, eine konsequente Behandlung der kausalen Grunderkrankung oder durch Absetzen des verursachenden Medikamentes. Persistiert eine sekundäre Fettstoffwechselstörung, sollte sie wie eine familiäre Hypercholesterinämie, die auf einem Gendefekt beruht, behandelt werden. Denn zu hohe Cholesterinwerte sind ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Umso wichtiger ist es, das LDL- und Gesamtcholesterin im Blut durch Lebensstiländerungen und gegebenenfalls medikamentös, z. B. mit Statinen, zu senken.

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Abkürzungsverzeichnis

Abkürzung Bedeutung
ApoB Apolipoprotein B
FH Familiäre Hypercholesterinämie
HDL-C High Density Lipoprotein Cholesterin
HoFH Homozygote familiäre Hypercholesterinämie
LDL-C Low Density Lipoprotein Cholesterin
LDL Low Density Lipoprotein
PCSK9 Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9
TG Triglyceride

Referenzen

  1. Stapleton PA, et al. Hypercholesterolemia and microvascular dysfunction: interventional strategies. J Inflamm (Lond). 2010;18(7):54.
  2. Klose G, et al. Familiäre Hypercholesterinämie: Entwicklungen in Diagnostik und Behandlung. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 523-529.
  3. Shattat G. F. A Review Article on Hyperlipidemia: Types, Treatments and New Drug Targets. Biomed Pharmacol J 2014;7(2).
  4. Raal FJ, et al. Homozygous familial hypercholesterolemia: current perspectives on diagnosis and treatment. Atherosclerosis 2012;223(2):262-268.
  5. Nordestgaard BG, et al. Familial hypercholesterolaemia is underdiagnosed and undertreated in the general population: guidance for clinicians to prevent coronary heart disease: Consensus Statement of the European Atherosclerosis Society. Eur Heart J. 2013;34(45):3478-3490.
  6. Sniderman AD, et al. The Severe Hypercholesterolemia Phenotype. J Am Coll Cardiol. 2014;63(19): 1935–1947.
  7. Krebs K, März W. Lipidsprechstunde: Praxisrelevante Fettstoffwechselstörungen und ihre Folgen. Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York, 2005. ISBN-13: 978-3131333810.

Abbildungen

Abb. 1+2: Adaptiert nach Krebs K, März W. Lipidsprechstunde: Praxisrelevante Fettstoffwechselstörungen und ihre Folgen. Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York, 2005.