Zyklusabhängige Epilepsie

Kontrazeption bei zyklusabhängiger Epilepsie

Eine Kasuistik von Dr. med. Claudia Wöhler

Anamnese

In der Praxis stellt sich eine 27-jährige Patientin (BMI 22 kg/m2) mit dem Wunsch nach einer sicheren Kontrazeption vor. Sie möchte in einem Jahr schwanger werden.

Die Anamnese ergibt:

  • Epilepsie; derzeit unter Lamotrigin stabil eingestellt
  • Keine kardiovaskulären Risikofaktoren

Hintergrundwissen Epilepsie 

  • Etwa ein Drittel aller Frauen mit Epilepsie leiden an einer zyklusgebundenen Zunahme der Anfallsfrequenz periovulatorisch und prämenstruell1 und während der Lutealphase anovulatorischer Zyklen.
  • Eine sichere Kontrazeption spielt gerade bei Frauen mit Epilepsie eine große Rolle, da eine Schwangerschaft möglichst in einer stabilen Phase der Erkrankung geplant werden sollte, in der die Epilepsie mit einem nicht teratogenen Antikonvulsivum gut kontrolliert werden kann.

  • 78,9 % aller Frauen im Epilepsie Birth Control Registry hatten mindestens eine ungeplante Schwangerschaft.2

Hintergrundwissen Lamotrigin

Lamotrigin ist aufgrund des sehr hohen Erfahrungsumfangs und der offenbar guten Verträglichkeit für den Embryo bzw. Fötus das Antiepileptikum der Wahl in der Schwangerschaft bzw. bei absehbarem Kinderwunsch.3

Mögliche Interaktionen mit Kontrazeptiva:4

  • Lamotrigin hat nur einen geringen Einfluss auf den Ethinylestradiol- und Gestagenspiegel.
  • Aber: Unter kombinierten oralen Kontrazeptiva fällt der Lamotriginspiegel aufgrund eines gesteigerten Lamotrigin-Metabolismus unter Ethinylestradiol deutlich ab, so dass die Lamotrigindosis verdoppelt werden müsste, um ein Absinken des Lamotriginspiegels mit folglich reduzierter Anfallskontrolle zu verhindern.
  • Problem: In der Pillenpause bestünde dann das Risiko einer Lamotriginüberdosierung.
  • Gestagene beeinflussen den Lamotriginspiegel dagegen nicht.

Dr. med. Claudia Wöhler

Niedergelassene Gynäkologin in München und Autorin des Buches „Kontrazeption pocket“

Wahl der Kontrazeptionsmethode

Gemäß der Empfehlung der Medical Eligibility Criteria for Contraceptive Use5 ist unter Lamotrigin­ein­stellung eine Kontrazeption mit einem Gestagenmonopräparat sowohl parenteral als auch oral möglich.

Da die Patientin in einem Jahr schwanger werden möchte, fällt die Entscheidung gegen die parenterale und für eine orale Gabe eines Gestagenmonopräparates. Hierbei wird ein östrogenfreier Ovulationshemmer mit Desogestrel an Stelle der Minipille mit Levonorgestrel gewählt, da dieser einen sichereren* Verhütungs­schutz bietet.

* Pearl-Index Minipille: 0,5–3, Pearl-Index östrogenfreier Ovulationshemmer: 0,146

Literatur

  1. Herzog AG, Catamenial epilepsy: definition, prevalence pathophysiology and treatment. Seizure 2008 Mar;17(2):151–159. doi: 10.1016/j.seizure.2007.11.014.
  2. Herzog AG, et al. Predictors of unintended pregnancy in women with epilepsy. Neurology 2017;88(8):728–733. doi: 10.1212/WNL.0000000000003637. Epub 2017 Jan 25.
  3. https://www.embryotox.de/arzneimittel/details/lamotrigin/ zuletzt abgerufen am 26.11.2018
  4. Reimers A, Helde G, Brodtkorb E. Ethinyl estradiol, not progestogens, reduces lamotrigine serum concentrations. Epilepsia,2005;46(9):1414–17.
  5. Medical Eligibility Criteria for Contraceptive Use 2015. 5th Edition. Geneva: World Health Organization.
  6. Wöhler C. Kontrazeption pocket, Börm Bruckmeier Verlag, Grünwald 2016.